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1. Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 16

1902 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
16 8. Der Bettelmönch. seht, wie ihn statt des Panzers die grobe Kutte kleidet und wie er, Gotte dienend, der Menschen eitlen Prunk vermeidet. Mit einem Klosterbruder, dessen rauhe Hand von je wohl mit dem Besen gekehrt den groben Sand, schritt er durch die Straße von Kiel; er hatte Kranken Seel' und Leib erquicket — so ging er fröhlich in Gedanken. Da nahte sich von Rittern ein bunter, glänzender Schwarm; des Friedens die genossen sonder Leid und Harm. Und sieh, an ihrer Spitze ragten seine Söhne, die Grafen Johann und Gerhard, erblüht in erster Jugendschöne. Ihren Blick zu meiden, riet dem Mönch die Scham. Daß er ihnen barfuß, barhaupt entgegenkain mit dem Korb, daraus er den Kranken Heil gespendet, das hätte seinen Namen und seiner Söhne Stolz geschändet. So kehrt' er schon die Schritte. Jedoch ein tapfrer Mann war er noch in dem Mönchskleid; wie bald er's abgewann dem Stolz des alten Adam in frommer Heldentugend! Stracks entgegen schritt er den Grafen und der Ritterjugend. Da konnte jeder schauen, wie schöne reiche Frucht ererbte Tugend zeitigt der guten Gärtnerzucht. Sobald Johann und Gerhard des Vaters Stimme vernahmen, da hielten sie und eilten, daß aus dem Sattelbug sie kamen und vor dem Bettelmönche knieten sie in den Sand, die stolzen schönen Grafen, und küßten seine Hand. Da liefen fragende Blicke, was solch Gebahren bedeute, durch die stummen Reihen der jungen, schlanken Rittersleute. Und mancher Jüngling höhnisch verzog den blühenden Mund: wer in der Kutte steckte, war nur wenigen kund. Doch flnstert's hier und dorten: „Das ist der starke Degen, der bei Bornhövd die Dänen gejagt aus unsres Gaus Gehegen; das ist der Held, der Adolf, der unser Land befreit durch ein Gelübde, das ihn seitdem dem Kloster weiht; er hat dem Kreuz in Livland hellen Ruhm erstritten, dann ist er hingewandert nach Rom mit frommen Pilgerschritlen im Magdalenenkloster, das er hier gebaut von frommer Leute Spenden, lebt er jetzt und schaut nur auf die Gottesgnade." — So flüstert's hier und dorten: Spott und Scherz vergingen der munteren Jugend bei den Worten. Und einer nach dem andern giebt des Pferdes Zaum absitzend seinem Knechte; im freien Himmelsraum knien die stolzen Junker vor dem armen Büßer — da lag von Glanz und Schönheit ein reicher Kranz dem Barfüßer.
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