1902 -
Braunschweig Leipzig
: Wollermann
- Autor: Carstensen, Carl
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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früheren Tagen mit ihrem Manne zur See gewesen und verstand
sich wohl auf Wind und Wetter. Sie rechnete nach: „In einer
kleinen Stunde wird die Flut da sein, dann ein Sturm losbrechen,
und alle sind verloren.“ Da rief und jammerte sie, so laut sie
konnte, aber niemand war in ihrem Hause, und die Nachbarn
waren alle auf dem Eise; niemand hörte sie. Immer grösser
ward unterdes die Wolke und allmählich immer schwärzer; noch
einige Minuten, und die Flut musste da sein, der Sturm losbrechen.
3. Da ralft sie all ihr bisschen Kraft zusammen und kriecht
auf Händen und Füssen aus dem Bette zum Ofen; glücklich findet
sie noch einen Brand, schleudert ihn in das Stroh ihres Bettes
und eilt, so schnell sie kann, hinaus, sich in Sicherheit zu bringen.
Das Hänschen stand nun augenblicklich in hellen Flammen, und
als der Feuerschein vom Eise aus gesehen ward, stürzte alles in
wilder Hast dem Strande zu. Schon sprang der Wind ans und
fegte den Staub auf dem Eise vor ihnen her; der Himmel ward
dunkel, das Eis fing an zu knarren und zu schwanken, der Wind
wuchs zum Sturm, und als eben die letzten den Fnfs aufs feste
Land setzten, brach die Decke, und die Flut wogte an den Strand.
So rettete die arme Frau die ganze Stadt und gab ihr Hab und
Gut daran zu deren Heil und Rettung.
K. Müllenhoff.
27. Der Brand von Hamburg 1842.
Es war in der Nacht gegen ein Uhr vom 4. auf den 5. Mai,
den Himmelfahrtstag, als die Bewohner Hamburgs durch den
Feuerruf vom Schlaf geweckt wurden. Bald war die Nachricht
verbreitet, dass in der Deichstrasse das Feuer ausgebrochen sei.
Doch niemand dachte an eine grössere Gefahr, da die vortreff-
lichen Löschanstalten selten mehr als einige Häuser dem Feuer
überliessen. Allein diesmal nicht so; denn schon gegen zehn Uhr
morgens lagen nicht nur in der genannten Strasse, sondern auch
in zwei andern Strassen mehrere Häuser in Asche, und das Feuer
breitete sich immer weiter aus. Es kamen Feuerspritzen aus der
Nachbarschaft; aber auch diese, vereinigt mit den eignen, richteten
nichts wider die furchtbar gross gewordene Macht aus. Unglück-
licherweise hatte schon seit längerer Zeit eine anhaltende Dürre
die Häuser ausgetrocknet. Hierzu kam, dass auch die Fleete fast
leer waren, und das wenige Wasser, das sie enthielten, noch mit