1902 -
Braunschweig Leipzig
: Wollermann
- Autor: Carstensen, Carl
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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schoss ihn mit seiner Pistole und ritt weiter. Als er noch eine
Strecke geritten war, fühlte er hinter sich und erschrak, als er
seinen Mantelsack vermisste. Nun ritt er zurück und sah überall
Blut von seinem Hunde. Endlich kam er dahin, wo sein Geld-
sack heruntergefallen war. Da lag sein treuer Hund neben dem
Sacke. Er wedelte mit dem Schwänze, leckte seinem Herrn die
Hand und — starb. ^ Wilhelm Fix.
107. Die Hunde vom großen St. Bernhard.
1. Auf dem großen St. Bernhard steht die höchste menschliche
Wohnung Europas, das Kloster des heiligen Bernhard. Hier wohnen
zehn bis zwölf fromme Mönche, deren einziges Geschäft es ist, die
Reisenden unentgeltlich zu bewirten und ihnen alle Hilfe angedeihen
zu lassen.
2. In den acht oder neun Monaten des Jahres, wo Schnee,
Nebel, Ungewitter und Schneelawinen den Weg sehr gefährlich machen,
streifen diese Geistlichen oder ihre Diener täglich umher, um Verirrte
aufzusuchen oder Versunkene zu retten. Schon seit vielen Jahren be-
dienen sie sich zur Rettung der Verunglückten auch besonders ab-
gerichteter großer Hunde. Diese gehn entweder allein aus oder werden
von den Mönchen mitgenommen. Sobald der Hund einen Verunglückten
wahrgenommen hat, kehrt er in pfeilschnellem Laufe zu seinem Herrn
zurück und giebt durch Bellen, Wedeln und unruhige Sprünge seine
Entdeckung kund. Dann wendet er um und führt seinen Herrn nach
der Stelle hin, wo der Verunglückte liegt. Oft hängt man diesen
Hunden ein Fläschchen mit Branntwein oder andern stärkenden Getränken
und ein Körbchen mit Brot um den Hals, um es einem ermüdeten
Wanderer zur Erquickung darzubieten.
3. Ein solcher Hund war Barry. Zwölf Jahre lang war er
unermüdet thätig und treu im Dienste der Menschheit, und er allein
hat in seinem Leben mehr als vierzig Menschen das Leben gerettet.
Der Eifer, den er hierbei bewies, war außerordentlich. Nie ließ er
sich an seinen Dienst mahnen. Sobald der Himmel sich bedeckte,
Nebel sich einstellten, oder die gefährlichen Schneegestöber sich von
weitem zeigten, hielt ihn nichts mehr im Kloster zurück. Nun strich
er rastlos und bellend umher und ermüdete nicht, immer und immer
wieder nach den gefährlichen Stellen zurückzukehren und zu sehen, ob
er nicht einen Sinkenden halten oder einen Begrabenen hervorscharren