1902 -
Braunschweig Leipzig
: Wollermann
- Autor: Carstensen, Carl
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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Verlornen Mann. „Alles, was er anfängt, mißlingt ihm," sagten sie.
„Ihm wird erst zu helfen sein, wenn er Asche ist."
Der Lebensabend. Nach wenigen Wochen kehrte Pesta-
lozzi gekräftigt und wirkensfrendig aus dem Berner Oberlande zurück
und gründete, unterstützt von wohlwollenden Freunden, eine Erziehungs-
anstalt in Burgdorf, die er 1803 nach München-Buch see und 1805
nach Jfferten am südlichen Ende des Neuenburger Sees verlegen
mußte. Hier in Jfferten hat seine Anstalt Weltruf erlangt. . Aus
allen europäischen Ländern kamen junge Männer, die sich zu seinen
Füßen setzten, um sich für den Lehrerberuf begeistern zu lassen. Im
Jahre 1825 löste er als 80jähriger Greis seine Anstalt ans.
Lebensmüde kehrte er nach Neuhof zurück. Wo er als selb-
ständiger Mann seine Liebes- und Leidenslaufbahn begonnen hatte,
wollte er sie auch beschließen. Ein Enkel von ihm bewirtschaftete das
Gut; denn dessen Vater, Pestalozzis einziger Sohn, war schon 1801
nach langem Siechtum gestorben, und Frau Anna, Pestalozzis Gattin,
war 1815 zum ewigen Frieden eingegangen.
Der Enkel nahm den Großvater mit Freuden auf und suchte,
ihm einen friedlichen Lebensabend zu bereiten. Eine große Freude
für Pestalozzi in dieser Zeit war die Erbauung eines neuen Armen-
hauses in unmittelbarer Nähe von Neuhof, und die Mittet dazu flössen
ans seiner Kasse! Ja, der Mann, der zeitlebens mit Mangel und
Not zu kämpfen gehabt hatte, verfügte am Ende seines Lebens über
ein Kapital von 40 000 Mark. Soviel hatte ihm nämlich die Heraus-
gabe seiner gesamten Werke eingebracht, und er — bestimmte die ganze
Summe zur Gründung einer Armenanstalt! „Alles für andre, für
sich nichts."
Noch einen besondern Ehren- und Freudentag erlebte der edle
Greis 1826 in Beuggen, als er von Zeller, dem Vorsteher des
dortigen Waisenhauses, zu einem Besuch eingeladen wurde. Im fest-
lichen Schmuck und mit Gesang empfingen die Waisenkinder den guten
Vater Pestalozzi. Darauf überreichte ein Mägdlein ihm einen Eichen-
kranz mit den Worten: „Unserm lieben Vater der Waisen und Armen!"
Tiefbewegt lehnte der Greis den Kranz ab, indem er sprach: „Nicht
mir, nicht mir, sondern der Unschuld gebührt dieser Kranz!"
Nun sangen die Kinder aus „Lienhard und Gertrud" das
Goethesche Lied:
„Der du von dem Himmel bist,
alles Leid und Schmerzen stillest,