Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Lesebuch für ein- und zweiklassige Volksschulen - S. 259

1902 - Braunschweig Leipzig : Wollermann
259 halfen ihm nichts; denn er befolgte nicht, was ihm die Ärzte befahlen, sondern sagte: „Zum Henker! wofür bin ich ein reicher Mann, wenn ich leben soll wie ein Hund, und der Doktor mich nicht gesund machen will für mein Geld?" 4. Endlich hörte er von einem Arzte, der 100 Stunden weit weg wohnte; der sei so geschickt, daß die Kranken gesund würden, wenn er- ste nur recht anschaue, und der Tod gehe ihm aus dem Wege, wo er sich sehen lasse. Zu dem Arzte faßte der Mann ein Zutrauen und beschrieb ihm seinen Zustand. — Der Arzt merkte bald, was ihm fehle, nämlich nicht Arznei, sondern Mäßigkeit und Bewegung, und dachte: „Wart', dich will ich bald geheilt haben!" Deshalb schrieb er ihm ein Brieflein folgenden Inhalts: „Guter Freund! Ihr habt eine schlimme Krankheit; doch wird Euch zu helfen sein, wenn Ihr folgen wollt. Ihr habt ein böses Tier im Leibe, einen Lindwurm mit sieben Mäulern. Mit dem Lindwurm muß ich selber reden, und Ihr müßt zu mir kommen. Aber fürs erste dürft Ihr nicht fahren oder ans dem Rößlein reiten, sondern auf des Schuhmachers Rappen; sonst schüttelt Ihr den Lindwurm, und er beißt Euch die Eingeweide ab, sieben Därme ans einmal ganz entzwei. Fürs andre dürft Ihr nicht mehr essen als zweimal des Tages einen Teller voll Gemüse, mittags ein Brat- würstlein dazu, abends ein Ei und am Morgen ein Fleischsüpplein mit Schnittlauch darauf. Was Ihr mehr eßt, davon wird nur der Lindwurm größer, also, daß er Euch die Leber erdrückt, und der Schneider hat Euch nicht viel mehr anzumessen, wohl aber der Schreiner. Dies ist mein Rat, und wenn Ihr mir nicht folgt, so hört Ihr im andern Frühjahr den Kuckuck nimmer schreien. Thut, was ihr wollt!" 5. Als der Kranke das gelesen hatte, ließ er sich sogleich die Stiefel salben und machte sich am andern Morgen auf den Weg, wie ihm der Doktor befohlen hatte. Den ersten Tag ging es so langsam, daß wohl eine Schnecke hätte sein Vorreiter sein können, und wer ihn grüßte, dem dankte er nicht, und wo ein Würmlein ans der Erde kroch, das zertrat er. Aber schon am zweiten und am dritten Morgen kam es ihm vor, als wenn die Vögel lange nicht so lieblich gesungen hätten wie heute, und der Tan schien ihm so frisch und die Korn- rosen im Felde so rot, und alle Leute, die ihm begegneten, sahen so freundlich aus und und er auch; und jeden Morgen, wenn er ans der Herberge ging, war's schöner, und er ging leichter und muntrer dahin. Und als er am achtzehnten Tage in der Stadt des Arztes ankam und den andern Morgen aufstand, war es ihm so wohl, daß er sagte: 17*
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer