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1. Lesebuch für ein- und zweiklassige Volksschulen - S. 453

1902 - Braunschweig Leipzig : Wollermann
453 Badegäste freuen sich jedesmal über seine Ankunft; jedermann hat ihn lieb wie einen alten Freund. 2. Nur wenige Wochen sollte dieses friedliche Stillleben dauern. Die Zeitungen brachten Berichte von leidenschaftlich aufgeregten Reden in Frankreichs Hauptstadt, die sich gegen Preußen und seinen König richteten. Das Gesicht des französischen Gesandten, der plötzlich im Bade anstauchte, schien freilich keinen Sturm zu künden; aber so oft er sich dem König nahte, bemerkte man aus dessen Antlitz Spuren des Unmuts. Immer rücksichtsloser wird die Sprache der französischen Re- gierung, in so gleißnerische Redensarten sie auch der gewandte Bot- schafter zu kleiden weiß; immer weiter gehen die Forderungen, mit denen man den friedlich seiner Kur lebenden Fürsten stört. Vom Spaziergange zurückgekehrt, ging der König in seinem Gemache erregt mit großen Schritten auf und ab. Vor seiner Seele lebten Erinnerungen aus alter Zeit wieder aus. Dreiundsechzig Jahre zurück — 1807 am 1. Januar war der zehnjährige Prinz Wilhelm ins Heer eingetreten, als seine Familie mit ihm flüchtig in Königs- berg geweilt. Wenig fehlte damals, und der übermütige Korse hätte das Wort gesprochen: „Das Hans Hohenzollern hat aufgehört zu regieren!" Aber aus die Zeiten der Schmach war die Erhebung gefolgt, und als kaum siebzehnjähriger Jüngling war damals der jetzt ergraute Mann an der Seite seines Vaters mit nach Paris gezogen. Lange sinnend hatte der König so verweilt — jetzt richtete er das Haupt empor. „Gott, du bist mein Zeuge," ruft er, „daß ich den Krieg nicht will; wenn sie mich aber dazu zwingen, dann werde ich ihnen zeigen, daß auch der dreiundsiebzigjährige Mann noch ver- mag, was einst der siebzehnjährige Jüngling vollbracht!" Es klopft an die Thür. Der eintretende Adjutant erbittet für Graf Benedetti eine Unterredung. „Sagen Sie dem Grasen, ich Hütte ihm nichts weiter mitzuteilen," erwiderte der König mit ruhiger Stimme. 3. Der 15. Juli war angebrochen. Kurgäste und Emser Ein- wohner standen zahlreich um das Kurhaus versammelt. Da erschien der König, zur Abreise nach Berlin gerüstet. Ein begeistertes, nicht endenwollendes Hochrufen begrüßt ihn; Blumen bedecken seinen Weg. Er erwidert, Thränen der Rührung in den Augen, einige Worte und ruft den Versammelten zu: „Auf Wiedersehen! Auf Wiedersehen!"
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