Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 342

1910 - Wittenberg : Herrosé
342 Verkehr, Kunst und Wissenschaft und jeder Fortschritt der Kultur wären eine Unmöglichkeit. Andrerseits hat aber auch jeder Eigen- tümer die Pflicht, auf das Eigentum seiner Nebenmenschen Rück- sicht zu nehmen . Wir müssen z. B. dem Nachbarn gestatten, gegen Entschädigung über unsern Grund und Boden einen Weg zu legeu, falls der andere ohne diesen Notweg sein Grundstück nicht aus- zunutzen vermag. Kann ein Haus nur dann errichtet oder aus- gebessert werden, wenn das Gerüst auf oder über dem Boden des Nachbars angebracht wird, so muß letzterer die Erlaubnis dazu erteilen; nur muß ihm der etwa angerichtete Schaden ersetzt werden. Der Erwerbstrieb kann in Habsucht und Geiz ausarten; dann liegt die Gefahr nahe, daß er den Menschen dazu antreibt, andere zu übervorteilen oder sich durch Fälschung, Unterschlagung und Diebstahl fremdes Eigentum anzueignen. Auch die große An- häufung von Eigentum in einer Hand kann für den Menschen üble Folgen haben, indem sie ihn zur Verweichlichung und Sinnlichkeit, zu Hochmut, Herrschsucht und Verachtung der Mit- menschen verleitet. Da es auch geistige Arbeit gibt, so kaun man auch von geistigem Eigentum sprechen. Wird materielles Eigentum auf einen andern übertragen, so hat der bisherige Besitzer kein Recht mehr darauf. Die wissenschaftlichen Forschungen eines Gelehrten werden indessen durch Veröffentlichung zum Gemeingut, und dennoch bleiben sie das geistige Eigentum ihres Urhebers. Die Gesetze tragen dafür Sorge, daß auch von dem geistigen Eigentum zunächst der Urheber den verdienten Nutzen zieht. Wenn das Werk eines Dichters ohne dessen Zustimmung nachgedruckt wird, so wird dies als literarischer Diebstahl bestraft. Die Erfindung eines Forschers wird durch das Patentamt geschützt, damit sie nicht jedermann ohne weiteres ausnutzen kann. Man übergebe hundert Landleuten je ein gleichgroßes und gleichwertiges Äckergut mit allem Zubehör an Vieh und Geräten zur Bewirtschaftung, und nach wenigen Jahren wird man finden, daß die einen wohlhabend wurden, die andern zurückgingen; wieder andere haben vielleicht gar ihren Besitz an die Wohlhabenden ver- kauft, bei denen sie nun gegen Lohn arbeiten. Die ersten waren geschickt, fleißig und sparsam; den andern fehlten diese Tugenden. Da die Kräfte, Anlagen und Eigenschaften der Menschen also ver- schieden sind, so wird auch stets das Eigentum der Menschen ver- schieden bleiben. Oft hört man allerdings die Behauptung, alle Menschen seien von Natur gleich; deshalb müßten sie auch alle wirtschaftlich gleich sein. Freilich haben alle Menschen denselben Schöpfer, dieselbe Bestimmung, dieselben Pflichten und Rechte, die in ihrer Natur begründet sind, und darum sollen sie sich als Brüder betrachten. Allein wie viele Verschiedenheiten entstehen nicht durch das Lebensalter, die körperliche Entwicklung, die geistigen Anlagen, die sittlichen Eigenschaften! Diese Verschiedenheit hat notwendig
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer