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1. Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 375

1910 - Wittenberg : Herrosé
375 Wie die Verhältnisse einmal liegen, ist auch mit größtem Danke das anzunehmen, was den alten und erwerbsunfähig gewordenen Arbeitern durch das Jnvalidenversicherungsgesetz geboten wird. Daß die gesetzlich bestimmten Summen gering sind, weiß der Kaiser so gut wie der Bettler. Aber niemand kennt auch anwendbare Mittel und gangbare Wege, durch die, ohne bedeutende Erhöhung der ohnehin schon drückenden Steuerlast, jene Summen erheblich vergrößert werden könnten. Da in Deutschland über zwölf Millionen Arbeiter sind, handelt es sich um ganz ungeheure Be- träge. Bei derartigen Wünschen darf man aber auch die übrigen Berufsklassen nicht übersehen. Wer sich mit gesunden Augen etwas in der Welt umgesehen hat, weiß, daß es große Scharen von selb- ständigen Handwerkern, kleinen Bauern, niederen Beamten und Lehrern gibt, die nicht selten mit Nahrungssorgen zu kämpfen haben, ja oft in viel bitterer Not leben, als viele Arbeiter. Darum hat der letztere gewiß Ursache, zufriedener zu sein, als er es ge- wöhnlich ist. Dazu wird gewiß auch dienen, wenn er die gewaltigen Zahlen des Aufwandes der Arbeitergesetze bis Ende 1901 beachtet. Ver- sichert waren gegen Krankheit 10 Millionen Personen, gegen Unfall 171/2 Millionen und gegen Invalidität und Alter 12v2 Milli- onen. Geleistet wurden durch die Kranken Versicherung 1840 Millionen Mark, „ „ Unfall Versicherung 705 „ „ , „ „ Invaliden Versicherung 698 „ „ zusammen also 3143 Millionen Mark, und zwar 2034 Millionen für Renten und Krankengeld, 1028 Millionen für Arzt, Heilmittel, Anstalts- pflege 2c. und 81 Millionen für Sterbegeld. Von 1885 bis 1905 sind den Versicherten und Angehörigen, bei Krankheit, Unfall, Invalidität und Alter gezahlt oder als Heil- behandlung geleistet 5104 Millionen Mark. Dazu kommen noch die Reservefonds und sonstigen Bestände im Betrage von 1400 Millionen Mark! Wer sorgt für viele der oben Genannten bei Dienstunfähigkeit? Wer hätte noch nicht von dem Elende so vieler Witwen und Waisen gehört, deren Männer und Väter ihre Kräfte im Schul- oder in anderem öffentlichen Dienste aufgerieben haben? Sollte von seiten des Staates für alle gesorgt werden, so würde die Steuer für jeden einzelnen gesunden Arbeiter so drückend werden müssen, daß die dienst- und arbeitsfähige Menickcheit die Last als ein unerträgliches Joch empfinden würde. Der Zweck der Alters- und Invaliden- versicherung kann nicht der sein, den Arbeiter aller Sorgen zu ent- rücken. Sorgen und Mühe, Leiden und Kampf werden den Men- schen stets bis ans Grab geleiten, er mag reich oder arm sein. Wohl aher foll dem Arbeiter eine nicht zu verachtende Unterstützung für den Fall der Not geboten, und ihm die Sorge erleichtert werden.
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