1895 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Windmöller, Friedrich, Schürmann, Franz
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
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Edelmanns Unterkunft und bekam eine Stube zur Wohnung, wo viele sehr
schöne und kostbare Gemälde hingen. Der Offizier schien recht große Freude
daran zu haben, und als er etliche Tage bei diesem Manne gewesen und
freundlich behandelt worden war, verlangte er einmal voll seinem Hauslvirt,
daß er ihm eines von diesen Gemälden zum Andenken schenken möchte. Der
Hauswirt sagte, daß er das mit Vergnügen thun wollte, und stellte seinem Gaste
frei, dasjenige selber zu wählen, welches ihm die größte Freude bereiten könnte.
Nun, wenn man die Wahl hat, sich selber ein Geschenk auszusuchen, so
erfordert Verstand und Artigkeit, daß man nicht gerade das vornehmste und
kostbarste wegnehme, und so ist es auch nicht gemeint. Daran schien dieser
Mann auch zu denken, denn er wählte unter allen Gemälden fast das schlechteste.
Aber das war unserem schlesischen Edelmanne eben nicht lieb, und er hätte
ihm gern das kostbarste dafür gelassen. „Mein Herr Oberst," so sprach er
mit sichtbarer Unruhe, „warum wollen Sie gerade das geringste wählen, das
mir noch dazu wegen einer andern Ursache wert ist? Nehinen Sie doch lieber
dieses hier oder jenes dort." Der Offizier gab aber darauf kein Gehör,
schien auch nicht zu merken, daß sein Hauswirt immer mehr und mehr in
Angst geriet, sondern nahm geradezu das gewählte Gemälde herunter. Jetzt
erschien an der Mauer, wo dasselbe gewesen war, ein großer feuchter Fleck.
„Was soll das seiu?" sprach der Offizier, wie erzürnt, zu seinem todblassen
Wirt, that einen Stoß, und auf einmal fielen ein paar frisch gemauerte und
übertünchte Backsteine zusammen, hinter welchen alles Geld und Gold und
Silber des Edelmannes eingemauert war. Der gute Mann hielt nun freilich
sein Eigentum für verloren, wenigstens erwartete er, daß der feindliche Kriegs-
mann eine namhafte Teilung ohne Verzeichnis und ohne Gerichtsbeamten
vornehmen werde, ergab sich geduldig darein und verlangte nur von ihm zu
erfahren, woher er habe wissen können, daß hinter diesem Gemälde fein Geld
in der Mauer verborgen war. Der Offizier erwiderte: „Ich werde den
Entdecker sogleich holen lassen, dem ich ohnehin eine Belohnung schuldig bin!" —
Und in kurzer Zeit brachte sein Bedienter — sollte man's glauben — den
Maurermeister selber, den nämlichen, der die Vertiefung in der Mauer
zugemauert und die Bezahlung dafür erhalten hatte.
Das ist nun einer von den größten Spitzbubenstreichen, die der Teufel
auf ein Sündenregister setze:: kann. Denn ein Handwerksmaun ist seinen
Kunden die größte Treue und in Geheimnissen, wenn es nichts Unrechtes ist,
so viel Verschwiegenheit schuldig, als wenn er einen Eid daraus geleistet hätte.
Aber was thut man nicht um des Geldes willen. Oft gerade das
nämliche, was man um der Schläge oder um des Zuchthauses willen thut,
oder für den Galgen, obgleich ein großer Unterschied dazwischen ist._ So
etwas erfuhr unser Meister Spitzbub. Denn der brave Offizier lietz ihn
jetzt hinaus vor die Stube führen und ihm von frischer Hand hundert, sage
hundert Prügel bar auszahlen. Dem Edelmanne .aber gab er unbetastet
sein Eigentum zurück. — Das wollen wir beides gut heißei: und wünschen,
daß jedem, der Wohnung geben muß, ein so rechtschaffener Gast, und jedem
Verräter eine solche Belohnung zu teil werden möge. Hebel.
12. Aer beste Empfehlungsbrief.
Auf die Anzeige eines Kaufmannes, durch welche ein Kaufmannslehrling
gesucht wurde, meldeten sich 50 Knaben. Der Kaufmann wählte sehr rasch
einen unter denselben und verabschiedete die anderen. „Ich möchte wohl