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1. Teil 1 - S. 14

1895 - Essen : Bädeker
14 und der Post zu thun. Nur einer der Herren, welcher zunächst der Thür sass, erhob sich und fragte in kühlem Geschäftstone: „Was steht zu Ihren Diensten?" Auf die schüchterne Erklärung Antons, dass er den Herrn Schröter zu sprechen wünsche, trat aus dem zweiten Zimmer ein grosser Mann mit faltigem Gesichte, mit stehendem Hemdkragen, von sehr englischem Aussehen. Anton sah schnell auf das Antlitz, und dieser erste Blick, so ängstlich, so flüchtig, gab ihm einen guten Teil seines Mutes wieder. Er erkannte alles darin, was er in den letzten Wochen oft ersehnt hatte, ein gütiges Herz und einen redlichen Sinn. Und doch sah der Herr streng genug aus, und seine erste Frage klang kurz und entschieden. Anton fasste schnell nach seinem Briefe, nannte seinen Namen und erzählte hastig und mit stockender Stimme, dass sein Vater gestorben sei, und dass er den Herrn von seinem Totenbette grüfsen lasse. Wie ein freundliches Licht flog es über das Auge des Kaufmanns, er öffnete den Brief schweigend, las ihn langsam durch, reichte dem bewegten Anton die Hand und sagte: „Seien Sie mir willkommen!" Darauf wandte er sich zu einem der schreibenden Herren, welcher einen grünen Rock trug und einen grauen Überziehärmel um den rechten Arm gebunden hatte: „Herr Anton Wohlfahrt tritt von heute an in unser Geschäft." Einen Augenblick hörten die sechs Federn auf zu rennen, und ihre Lenker sahen gleichzeitig nach Anton hin; der Herr aber fuhr, zu Anton gewandt, fort: „Sie werden müde sein, Herr Jordan wird Ihnen Ihr Zimmer anweisen, ruhen Sie heute aus, morgen das Weitere!" Nach diesen Worten wandte er sich mit leichtem Kopfnicken ab und ging zu seinem Sitze im zweiten Zimmer zurück, wo ebenfalls sechs Ledern über das blaue Papier fuhren und jetzt mit solcher Schnelligkeit, dass sich der Federbart vor Entsetzen sträubte, denn die alte Wanduhr hatte zum Schlage bereits ausgehoben. Nur der Herr im grünen Rocke streifte den grauen Ärmel ab, strich ihn sorgfältig glatt, schloss ihn mit einem Haufen Papier in das Pult und lud Anton ein, ihm auf das Zimmer zu folgen. Wieder schritt Anton durch die Thür des Geschäftszimmers, in welchem er nur zehn Minuten gewesen war, aber er war ein anderer Mann geworden, sein Schicksal war entschieden, er hatte jetzt eine Heimat, er gehörte in das Geschäft. Deshalb schlug er im Vorbeigehen herzhaft auf einen grossen Ballen, wie man auf die Schulter eines guten Bekannten schlägt, wobei der grüne Herr sich umwandte und mit wohlwollender Herablassung zu ihm sagte: „Baumwolle"; und drei Schritte weiter klopfte Anton auf ein riesiges Fass, welches wohlbehäbig in einer Ecke stand, wie ein dicker Pächter in seinem hellen Sommerrock, worauf sich wieder der grüne Herr umwandte und ebenso wohlwollend sagte: „Korinthen". Jetzt stiefs unseren Anton kein Hebebaum mehr, ja er selbst schob den einen mit kräftiger Fussbewegung beiseite, und einen Riesen mit lederner Schürze, der ihm begegnete, grüfste er mit sicherer Vertraulichkeit und fühlte sich behaglich, dass der Riese ihm artig dankte, besonders als der grüne Herr wieder herablassend bemerkte: „Der oberste Auflader." Durch den Hofraum gingen sie auf gewundenen Pfaden in ein Hinter- gebäude und stiegen drei ausgetretene Treppen hinauf. Dort öffnete Herr Jordan ein Zimmer und bemerkte gegen Anton, dass dies wahrscheinlich seine künftige Wohnung sein werde, es sei die frühere Behausung eines
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