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1. Teil 1 - S. 30

1895 - Essen : Bädeker
30 Bier kostete, und dass er einmal sogar Schützenkönig ward, kam ihm trotz des erschossenen Preises teuer zu stehen. Er galt als bester Kegler,. Turner und Schütze, was seiner Eitelkeit sehr schmeichelte; er merkte aber nicht rechtzeitig, dass er darüber auch zum grössten Müßiggänger, Spieler und — Säufer wurde. Seine gute, arme Frau härmte sich; sie bat, flehte, weinte, alles umsonst, und wenn sie gar mit ihm zankte oder ihm die gerechtesten Vorwürfe über solch wüstes Leben machte, so glaubte er es keinen Nachmittag und Abend mehr in dem sonst so glücklichen Hause aushalten zu können; vor Mitternacht kam er selten heim. Mit der Arbeit ging es natürlich rasch zurück; die besten Kunden hatten ihn schon längst verlassen, und an den Zechgenossen hatte er sich eine sehr unsichere Kundschaft erworben. Kein ordentlicher Gesell hielt es bei ihm aus, und der Lehrjunge trieb dumme Streiche und brannte schliesslich bei Nacht und Nebel durch. Es war das der Anfang vom Ende. Die Frau bekam die Schwind- sucht und starb in ihrem Jammer, kaum 30 Jahre alt. Drei Kinder standen an ihrem Totenbette, ein viertes lag hülflos in den Windeln. Eine Zeitlang schien es, als ob das Unglück, wie er es nannte, ihn aus seinem wüsten Leben aufgeschreckt und zur Einkehr gebracht hätte. Man sah ihn einige Wochen in keinem Wirtshause, aber auch nicht in der Kirche. Um sich zu zerstreuen und sich im Verkehr mit anderen zu trösten, fing er dann wieder an, den Kegelklub zu besuchen. Um seinen Kummer und die Stimme des Gewissens zu ersticken, wurde er bald wieder ein Stammgast nach alter-Weise. Das hielt er aber nicht lange mehr aus, da sein Besitztum schon ganz verschuldet und seine körperliche wie die geistige Kraft schon erschöpft war. Die Gemeinde mußte sich seiner vier unglücklichen Kinder erbarmen, um die sich sonst niemand kümmerte und die daheim nichts mehr zu beißen und zu brechen fanden; sie erhielten als sogenannte Pflegekinder eine armselige Verpflegung bei herzlosen Menschen. Ein Jahr nach dem Tode der Mutter brach bei dem Vater der Wahnsinn aus, und er mußte ins Irrenhaus gebracht werden, wo er bald seinen Tod fand, ohne eins von seinen Kindern wieder zu sehen. Das ist die Geschichte von Tausenden! Wie man's treibt, so geht’s! Und wer da steht, der Sehe Zu, daß er nicht lalle! Frei nach Meister Konrads Werkstatt, 1885. 27. Die H»feile. Als ich ein Knabe von sieben Jahren war, füllten mir einst an einem Feiertage meine Verwandten die Taschen mit Kupfermünzen. Ich wußte nun nichts Eiligeres zu thun, als damit nach einem Kaufladen zu gehen, in dem man Kinderspielwaren verkaufte. Schon auf dem Wege dahin begegnete ich aber einem andern Knaben mit einer Pfeife, deren Ton mir so wohl gefiel, daß ich ihm freiwillig all mein Geld dafür bot. Vergnügt über meinen Handel eilte ich wieder heim und durchzog pfeifend das ganze Haus; denn meine Pfeife machte mir ebensoviel Freude, als ich damit die ganze Familie belästigte. Als meine Brüder, Schwestern, Vettern und Basen von meinem Handel hörten, sagten sie mir, daß ich viermal mehr für die Pfeife gegeben hätte, als sie wert sei. Dies machte mich nun erst aufmerksam darauf, wie viele schöne Sachen ich für das übrige Geld hätte kaufen können, und da sie sich auch noch über meine Thorheit lustig machten, so fing ich vor Arger an zu weinen. Jetzt machte mir die Reue mehr Verdruß, als mir die Pfeife Vergnügen gemacht hatte.
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