1895 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Windmöller, Friedrich, Schürmann, Franz
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
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Bilde einer der erhabensten und furchtbarsten Naturerscheinungen geworden;
aber der weise Franklin, der weitere Folgen daran knüpfte, verschmähte es
nicht, wieder zu einem Kinderspiel zu greifen, und machte seine ersten Versuche,
den Blitz abzuleiten, mit dem Papierdrachen seines Sohnes, den er hoch hinauf
in die Luft steigen ließ, in dessen Schnur er aber einen feinen Metallfaden
einwebte mit dem Wunsche, daß dieser Metallfaden einen Blitz vom Himmel
herablocken möge.
Nach wenigen Wiederholungen gelang sein Versuch vollkommen. Trotz
der Gefahr, die er mit sich führte und die später einem ausgezeichneten
Naturforscher das Leben kostete, lief alles so glücklich ab, daß Franklin die
Genugthuung hatte, die Blitzableiter als sichere Schutzmittel gegen Gewitter-
schläge an den vorzüglichsten Gebäuden prangen und selbst an Kirchen an-
gebracht zu sehen.
Der Blitz ist ein Erzeugnis der Elektricität, die in der Luft entsteht
und wahrscheinlich dann entsteht, wenn Luftströme, wenn Winde von entgegen-
gesetzten Richtungen sich begegnen und bei ihrem Vorüberstreifen aneinander,
bei ihrem Dnrchdringen und Ringen und Durcheinanderwirbeln eine große
Reibung der Luftschichten entsteht, welche die Elektricität ebenso frei macht,
wie das Reiben der Seide am Glase.
Wie sehr die Reibung der Luft Elektricität hervorruft, das hat man
erst vor wenigen Jahren Gelegenheit gehabt zu beobachten. Ein Fenermann
bei der Lokomotive machte die Entdeckung, daß man unter geeigneten Umständen
ans dem ausströmenden Dampf der Sicherheitsklappe (Ventil) der Lokomotive
ungemein große elektrische Funken hervorlocken kann. Nähere Untersuchungen
dieser Erscheinung haben ergeben, daß die Elektricität hier nicht entsteht
durch die Verwandlung des Dampfes in Wasser, wie man anfangs vermutete,
sondern daß die Reibung des Dampfes beim Herausströmen durch die kleine
Öffnung der Klappe die eigentliche Quelle der elektrischen Erscheinungen ist.
Der Blitzableiter ist der Draht, der bei gewitterschwerer Luft die Elektricität
fortwährend aus der Lust über dem Gebäude auffängt und sie in die Erde
führt, wohin der Blitzableiter verläuft. Ein Blitzableiter ist daher ein vor-
zügliches Schutzmittel für hohe Gebäude und Türme, die dem elektrischen
Schlage des Blitzes am meisten ausgesetzt sind. Auch deckt er so ziemlich die
kleineren Gebäude, die in der Nähe liegen. Nur wenn der Blitzableiter zerbrochen
oder verrostet ist, so daß er nicht über die beschädigte Stelle hinaus den Blitz,
leiten kann, ist er nicht nur unnütz, sondern auch gefährlich.
Nach A. Bernstein.
56. Galvanismus.
a. Die Erscheinungen desselben.
Die Erscheinmigen, welche man mit dem Namen Galvanismus bezeichnet,
sind an sich nur Erscheinungen der Elektricität; den Namen Galvanismus
gab man ihnen nur, weil ihr erster Entdecker ein italienischer Gelehrter,
Namens Galvani, war und weil man in der ersten Zeit glaubte, daß
durch ihir eine neue Natnrkraft entdeckt wordeir sei, was aber nicht der Fall
ist. — Ein zweiter italienischer Gelehrter, Namens Volta, hat durch seine
Erfindungen das große Verdienst, der Welt das richtige Verständnis für
Galvanis Entdeckungen zu geben und sie vor den Irrwegen zu bewahren, auf
welchen sie sich leicht hätte verlieren können. Seit Voltas Zeiten weiß
man, daß der Galvanismus nicht eine besondere Natnrkraft, sondern nur