1895 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Windmöller, Friedrich, Schürmann, Franz
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
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Wegen spähende Gewerkthätigkeit den bescheidenen Meister endlich aus
der Verborgenheit. Bald verbreiteten sich Gerüchte, Watt sei es gelungen,
die Newcomensche Maschine zu verbessern; bald fanden sich Kenner
ein, um das Werk zu prüfen, und mehr, es boten sich Männer an, mit
ihren Mitteln die neue Erfindung ins Leben einzuführen. Unter diesen
war Roebuck, der Besitzer eines Hüttenwerks bei Edinburg. Der Erfinder
und der Geschäftsmann verbanden sich nun, und Watt überliess seinem
Gefährten zwei Drittel des Gewinnes. Jetzt wurde eine Maschine nach
den neuentdeckten Grundsätzen gebaut, welche sich vollkommen bewährte
und zeigte, dass alle Schlüsse vollkommen richtig gewesen waren. Der
Ruhm des Erfinders war fortan in aller Munde; allein am Ziele angelangt,
sollte dieser noch einmal scheitern. Die Vermögensverhältnisse seines
Gesellschafters erlitten plötzlich einen solchen Stofs, dass sich dessen
Geschäfte alle auflösen mussten. Watts Genügsamkeit, Bescheidenheit
und Anspruchslosigkeit ertrugen diesen Schlag nur zu wohl. Anstatt sich
bei anderen Geldmännern zu melden, zog er sich zurück und arbeitete
wieder unverdrossen als Landmesser und Baumeister. Die Welt lief von
neuem Gefahr, die Dienste des außerordentlichen Mannes zu verlieren;
aber seinen Freunden gelang es, noch einmal seine Mutlosigkeit zu
besiegen und ihn mit einem tüchtigen Geschäftsmanne, mit Mathcw Bolton
von Sohr bei Birmingham, in Berührung zu bringen. Dieser reiche,
gewerkthätige Mann hat ein Recht auf dankbare Anerkennung, da er mit
allem Eifer das Unternehmen unterstützte, nicht so sehr, um sich dadurch
eine neue Erwerbsquelle zu schaffen, sondern vielmehr, um den Ruhm
seines Vaterlandes zu heben und zu wahren. Er besass eine und eine
halbe Million, die er Watt zum Bau von Maschinen zur Verfügung
stellte. Vorher erbaten sich die beiden Genossen vom Parlamente eine Ver-
längerung des Ausschlufshriefcs, da der vorige, den Watt im Jahre 1769
erhalten hatte, beinahe abgelaufen war. Nach einem lebhaften Meinungs-
kampfe ward dem Erfinder ein neuer Freibrief auf 25 Jahre zugestanden.
Jetzt begann in Sohr die Mustereinrichtung aufzublühen, die eine Hoch-
schule für alle Gewerkkundigen Englands und des übrigen Europas ge-
worden ist. Bald bedeckten sich die öden Hügel der Umgebung, auf
denen früher kaum arme Feldhüter hausten, mit prächtigen Gärten, mit
stolzen Gebäuden, mit Werkstätten aller Art. Man baute anfangs Schöpf-
pumpen für Bergwerke von ungewöhnlicher Grösse. Als eine Anzahl
dieser Maschinen fertig war, verkündigten Bolton und Watt, daß sie die-
selben jedem, der sie verlange, umsonst überlassen wollten. Ja, sie
gingen noch weiter; sie machten sich verbindlich, die Maschinen auf
ihre Kosten zu unterhalten, welche man geschenkweise von ihnen an-
nehmen würde. Das, was man vielleicht für Scherz oder für ein Mär-
chen halten wird, war im Grunde eine sehr kluge Berechnung. Die
Maschine Watts hatte ausser ihrer inneren Einrichtung noch den Vorzug
vor der von Newcomen, daß sie nur ein Neuntel des Kohlenbedarfs jener,
erforderte. Watt und Bolton liessen sich daher von denen, welche eine-
Maschine aus ihrer Werkstätte schenkweise annahmen, als Gegengeschenk
ein Drittel des Preises verschreiben, welchen sie an Kohlenbedarf er-
sparten. Viele Besitzer von Bergwerken gingen freudig auf dieses An-
erbieten ein; aber schon nach sechsmonatlicher Erfahrung bat eine jener
Bergwerks-Gesellschaften, welche drei Maschinen genommen hatte, die