1895 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Windmöller, Friedrich, Schürmann, Franz
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
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Schenker, sie von ihrer Verbindlichkeit zu lösen, und bot ihnen zur Aus-
gleichung dafür eine grosse Summe.
Verdankte man Watt einzig die Erfindungen, welche sich auf die
Dampfmaschine beziehen, so würde er dennoch einen der ersten Plätze
unter den Wohlthätern der Menschheit einnehmen; aber sein langes Leben
war nicht ausschliesslich dieser Richtung gewidmet. Er arbeitete auch
mit Erfolg an der wichtigsten Entdeckung der Scheidekunst, an der Ent-
deckung der Zusammensetzung des Wassers. Seine erfinderische Thätig-
keit rief ferner die Abschreibepresse ins Leben, die nach ihm in vielen
Schreibstuben eingeführt ward. Nach einer Reise, die er 1786 durch
Frankreich unternahm, führte er die Schnellbleiche (Fixbleiche) in seinem
Vaterlande ein, die durch den Franzosen Bcrtholet zuerst in Anwendung
gebracht worden war. Nichts, was den Menschen zum Nutzen gereichen
konnte, war diesem herrlichen Meister fremd. Mit dem Jahre 1800, wo
der Ausschlussbrief des Parlamentes erlosch, fühlte Watt das Bedürfnis
der Ruhe und trat ganz von den Geschäften zurück. Er übertrug
die Werkstätten in Sohr seinem Sohne; er selbst zog sich, durch seine
Arbeiten zum reichen Manne geworden, in die Nähe Birminghams auf
sein Gut zurück, das er im Jahre 1790 erworben hatte. Hier verlebte
der Erzvater der britischen Gewerkthätigkeit, stets leutselig, bescheiden
und gemeinsinnig, wie zur Zeit, da er als einfacher Arbeiter die Reise-
zeuge und Vorrichtungen der Hochschule zu Glasgow reinigte, seine
letzten Tage im Umgänge mit wenigen Freunden und in Gesellschaft
seiner zweiten Frau, die er 1775 geheiratet hatte. Seine Gesundheit
hatte sich mit dem Alter gestärkt, und seine geistigen Fähigkeiten waren
noch so rege, dass er im 71. Lebensjahre das Angelsächsische mit solcher
Leichtigkeit erlernte, wie dieses ein achtzehnjähriger Jüngling nur erlernen
kann. Im Jahre 1817 wollte er seine Heimat wiedersehen und reiste
nach Schottland. Bei seiner Rückkehr erregte sein Gesundheitszustand
Besorgnis. Er täuschte sich über seinen Zustand nicht und zeigte seinem
Sohne und seiner Gattin ruhig an, was erfolgen würde. Alle Versuche
der Kunst blieben fruchtlos. Er starb am 25. August 1819 im Beginne
seines 83. Jahres.
Seine Leiche ward in der Pfarrkirche zu Heathfield beigesetzt.
Sein Sohn liess ihm ein schönes Denkmal in gotischem Stile setzen,
auf welchem seine Bildsäule angebracht war. Die Stadt Glasgow setzte
ihm ebenfalls zwei Denkmäler und zwar Standbilder, eins im Museum,
das andere auf der Georgsstrasse. Die Stadt Greenock wollte auch
nicht zurückbleiben; sie ehrte ihren grossen Mitbürger durch eine
Marmorsäule. Nach all diesen Beweisen der Achtung und Dankbar-
keit des Volkes erschloss auch die Staatsregierung dem grossen Manne
die Westminsterabtei und liess ihm dort eine marmorne Bildsäule er-
richten , deren Fusegestell der grosse Staatsmann Brougham mit einer
Inschrift schmückte.
Ehrenernennungen von seiten der Hochschulen konnten freilich dem
Ruhme Watts nichts zufügen. Wir wollen jedoch nicht unerwähnt
lassen, dass die ersten Gelehrtenvereine ihn zu ihrem Mitgliede er-
hoben. Selbst die französische Akademie ernannte ihn trotz des heftigen
Krieges, der die Völker entzweite, 1808 zu ihrem berichterstattenden
Mitgliede.