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1. Teil 1 - S. 224

1895 - Essen : Bädeker
22-1 Die freien Stunden, welche ihm die Staatsgeschäfte übrig ließen, widmete er der Musik und wissenschaftlichen Thätigkeit. Auch als Schriftsteller erwarb er sich Ruhm. Er bediente sich aber der französischen Sprache, denn seine Erziehung war eine französische gewesen. Dazu kam, daß die deutsche Sprache und Dichtung zu seiner Zeit noch nicht so ausgebildet waren wie die französische und daher den großen Geist nicht mächtig genug anzogen. Während der Mahlzeit unterhielt er sich am liebsten mit den gebildetsten seiner Offiziere und mit berühmten Gelehrten, die er gern zu seiner Tischgesellschaft wählte. Da war er in witzigeil, sinnreichen Reden unerschöpflich. Jedes Jahr bereiste er die Provinzen, um die Truppen zu nmstern und zugleich nach allem in der bürgerlichen Verwaltung zusehen; hohe und niedere Beanlte mußten da Rechenschaft über ihre Thätigkeit ablegen, und damit auch die Zeit, welche der König auf der Landstraße zubrachte, nicht unbenutzt bleibe, mußten die Landräte und Amtleute neben seinem Wagen herreiten und ihm von den: Zlistande der Kreise und Ortschaften erzählen. Auch Kaufleute sah er gern, nur sich bei ihnen nach den Gewerbsverhältnissen und dem Gange der Geschäfte zu erkundigen. Mit Bauern und geringen Leuten redete er freuildlich und treuherzig. Alle Stände hatten sich seiner Hülfe und unermüdeten Fürsorge zu erfreuen. Nach dein 7 jährigen Kriege war seine erste Sorge darauf gerichtet, die Wunden zu heilen, welche der Kainpf seinem Lande geschlagen hatte. Das Getreide, welches er schon für beit nächsten Feldzug hatte ankaufen lassen, verteilte er als Saatkorn unter die verarmten Landleute, und die Pferde, welche für das Geschütz und Gepäck bestimmt waren, gab er für den Ackerbau her. Aus seinen eigenen Ersparilissen baute er die niedergebrannten Ort- schaften wieder auf, ließ er notleidenden Gegenden Unterstützungen zufließen. Denn für sich selbst brauchte der König sehr wenig; seine Lebensweise und Kleidung waren sehr einfach. „Ich bin arm", pflegte er zu sagen, „aber der Staat ist reich; mein Schatz gehört nicht mir, sondern dem Staate." So half er mit freigebiger Hand und unermüdlicher Fürsorge dem gesunkenen Wohlstände seines Landes wieder auf. Ja, er erhob durch Herbeiziehung von Ansiedlern, die ganze Strecken wüstliegenden Bodens urbar machten, durch Unterstützung der Gewerbthätigkeit und des Handels, durch Förderung der Rechtspflege und der Volksbildung sein Land zu einer Blüte, wie es sie vorher nie gekannt hatte. Von großer Bedeutung für das Schicksal Preußens war, daß der Geist treuer Pflichterfüllung, der Ordnung, Pünktlichkeit und Sparsanckeit allmählich auch auf das Volk überging. Wie der König, so dachten auch die Beamten immer an ihren Dienst; er war ihre Ehre, ihr Stolz. Da saßen vor den Thoren z. B. die Zoll - Einnehmer, alte Soldaten des Königs, die seine Schlachten gewonnen hatten und im Pnlverdampfe ergraut waren; sie rauchten aus ihrer Holzpfeife, erhielten sehr geringes Gehalt, konnten sich gar nichts zu gute thun, aber sie waren vom frühen Morgen bis zum späten Abend zur Stelle, thaten ihre Pflicht, kurz und pünktlich, wie alle Soldaten pflegen. Da war in jeder Kreisstadt ein Einnehmer der Steuern; er hauste in einer kleinen Dienststube und sammelte in einer großen Schüssel die Grundsteuern, welche die Schulzen allmonatlich in seine Stube trugen. Viele Tausende von Thalern wurden auf langer Liste verzeichnet und bis auf den letzten Pfennig in die großen Hauptkassen abgeliefert. Gering war die Besoldung eines solchen Mannes; er saß, nahm ein und packte in Beutel, bis sein Haar weiß wurde
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