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1. Teil 1 - S. 226

1895 - Essen : Bädeker
226 werden, und man dürfe dabei selbst vor Aufruhr und Empörung, vor Krieg und Gewaltthat nicht zurückschrecken. Die Unzufriedenen in Frankreich machten sich die Geldverlegenheit zu nutze, in welche der Staat nicht ohne Schuld Ludwigs Xiv. und Xv. geraten war. Ludwig Xvi., ein Fürst von reiner Sitte und edler Gesinnung, der 1774 den Thron von Frankreich bestiegen hatte, war ernstlich bemüht, den drückenden Übelständen entgegenzuwirken. Leider aber gelang es ihm nicht, sondern er selbst wurde das Opfer für die Sünden seiner Vor- gänger. Menschen, welche nichts oder nicht viel zu verlieren hatten, die dagegen bei einer allgemeinen Verwirrung zu gewinnen hofften, wiegelten das Volk auf, und im Jahre 1789 brach in Paris eine Revolution aus, welche die furchtbarsten Schrecknisse und Greuel zur Folge hatte. An die Stelle des Gesetzes trat Willkür und Pöbelherrschaft, und selbst das Heiligste war der Lästerung und dem Spotte preisgegeben. Wer nur in den Verdacht kam, missbilligend auf das hinzublicken, was die wütende Rotte that, oder wer aus einem andern Grunde verhasst war, der wurde umgebracht. Was aber in Paris geschah, ahmte man im ganzen Lande nach. Der Frevel ging so weit, dass selbst das Leben des Königs nicht mehr heilig war. Nachdem man ihn abgesetzt, verhaftet und Frankreich zur Republik erklärt hatte, wurde er am 17. Januar 1793 zum Tode verurteilt und der 21. Januar zu seiner Hinrichtung bestimmt. Auch seine Gemahlin, die Tochter der deutschen Kaiserin Maria Theresia, und seine fromme Schwester Elisabeth endeten ihr Leben unter dem Fallbeile. Fast eine Million Franzosen hat in den Greueln der Revolution gewaltsam das Leben verloren. Es zeigte sich in dem sonst so gebildeten Frankreich eine Roheit und Unmenschlichkeit, von der die Geschichte kein Beispiel mehr auszuweisen hat. Jene Ruchlosen, die sich gegen Thron und Altar empörten, vollzogen selbst einer an dem andern die Strafe für ihr teuflisches Beginnen; einer erwürgte den andern, um den Besitz der Herrschaft zu erlangen oder sich darin zu behaupten. Im Jahre 1793 feierte man in Paris das Fest der Vernunft, indem man eine übelberüchtigte Schauspielerin in feierlichem Umzuge auf einem Triumphwagen in die Hauptkirche führte, dort auf den Hochaltar setzte und ihr abgöttische Verehrung erwies. Die Kirchen wurden geplündert, verwüstet und viele zerstört, die h. Gefäsee verunehrt, die Kreuze umge- worfen und zertrümmert. Um jede Erinnerung an die christliche Zeit zu vernichten, führte man einen neuen Kalender mit neuen Festen und Ruhe- tagen ein und begann, die Zeit von der Einführung der Republik an (21. September 1792) zu rechnen. Allmählich aber wurde man besonnener; man machte sich von der Besessenheit los, die über das damalige Ge- schlecht gekommen war, und erkannte, dass auf dem Wege der Greuel, der Gewaltthätigkeiten, des Raubes und des Mordes das Glück der Menschen unmöglich bewirkt werden könne. Die unnatürliche und von der ärgsten Leidenschaftlichkeit hervorgerufene Aufgeregtheit ging am Schlüsse des Jahrhunderts in eine gewisse Abspannung über, und man näherte sich wieder der monarchischen Regierungsform, die mehr Dauer und innere Ruhe versprach. Staunend hatte Europa diesem furchtbarsten aller Schauspiele, die die Geschichte je geboten, zugeschaut. Auf das Nachbarland Deutschland wirkten diese Begebenheiten zunächst und am mächtigsten, jedoch weniger
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