1895 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Windmöller, Friedrich, Schürmann, Franz
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
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engen Roten Meeres sogar eine längere Reisezeit fürchten lassen, als auf deiw
offenen Ccean um das Kap der guten Hoffnung herum, wo es günstige
Meeresströmungen und veränderte Windrichtungen aufsuchen kann.
Mit dem Dampfschiff verhält es sich anders. Dieses, von der Wind-
richtung unabhängig, vermag den schmälsten Wasserweg zu benutzen und kann
sich darum auch all der Vorteile bedienen, welche der Kanal bietet, lind in
der That, die Segelschiffahrt vermindert sich von Jahr zu Jahr und die
Dampfschiffahrt steigt in außerordentlichem Grade empor. Die billigere Be-
arbeitung des Eisens, der leichtere Gewinn der Kohle, die Zeitersparnis für-
den Umsatz, die Ersparnisse in der Versicherungssumme und die Konkurrenz,
schnell auf dem Markt zu erscheinen, sind stets wachsende Förderer der
Dampfschiffahrt. Dieser Schiffahrt gehört die Zukunft und auf diese kann.
und darf man auch die volle Benutzung des Suez-Kanals verweisen, selbst,
wenn er für jetzt den llnternehmern keinen Gewinn einbringt.
Nach Bernstein und Ule.
133. Wüstenreise.
Der Morgen bricht über der Wüste an. Die Karawane schreitet in
langem Zuge dahin und fördert ihre Schritte nach dem einförmigen Ton
der Pfeife. Die Kamele sind mit Ballen beladen und mit Tüchern bedeckt.
Auf ihnen sitzen die Mauren in bunten Turbanen und Mänteln, mit Dolch
und Säbel bewaffnet. Den Kamelen zur Seite gehen die schwarzen Sklaven^
Voran reitet ein brauner, hagerer Araber, der gebietende Herr des Zuges.
Das bunte Gewimmel ist in eine Wolke von Staub gehüllt. Die Sonne
steigt nun empor, und die Karawane wendet sich ihr entgegen zum Gebet.
Die Glut der Sonne vermehrt sich; die wunden Sohlen schmerzen, die Glieder
ermatten, ein brennender Durst peinigt alle. Kein Strom, kein Grün, kein
Strauch weit und breit. Auf heißen, schattenlosen Pfaden schreitet die
Karawane. Da läßt endlich, mitten m der Wüste verborgen, ein Quell seine-
leise Stimme vernehmen. Das Kamel hat ihn aus der Ferne schon gewittert
und schreitet rascher voran; ihm nach lustig der ganze Zug. Plötzlich
stehen die Tiere still und bäumen sich vor Lust. Ein Strahl der Freude
glänzt auf allen Gesichtern. Man ist an der Stelle. Der ganze Zug wird
in einen Kreis gestellt; die Quelle erquickt Menschen und Tiere. Man schlägt
die Zelte auf und lagert sich für die Nacht. Ein paar trockene Dornbüsche
und gesammelter Kameldünger geben Holz und Kohlen zum Feuer. Das-
Wasser aus den frisch gefüllten Schläuchen schmeckt vortrefflich. Einige Araber
backen Brot, indem sie den Teig aus Bohnenmehl in einer hölzernen Schüssel
kneten und die dünnen, runden Scheiben in heiß gemachtem Sande gar werden
lassen. Noch heiß, verschlingen sie die Hungrigen und trinken Kamelmilch
dazu. Ein breimendes Rot breitet sich plötzlich über den Himmel und die
Sandstäche aus; die Sonne ist untergegangen. Die kurze Dämmerung ver-
schwindet schnell, und der Mond wirft sein bläuliches Licht über die einsame
Landschaft. Es ist Nacht unter dem Zelte. Die Pferde wiehern, die Kamele
schreien, die Feuer rauchen, das Licht der Lampe schimmert durch das ge-
streifte Zeug des Zeltes. Gedanken an ein ruhiges Leben, an die Heimat,
die Familie, steigen in der Seele auf, während man müde das glühende
Haupt auf den Sattel niederlegt, der statt des Kopfkissens dient. Um die
rotflackernden Feuer lagern sich draußen die braunen Araber in ihren weißen
Mänteln. Die einen schlafen, die andern erzählen sich Märchen oder selbst-