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1. Teil 1 - S. 264

1895 - Essen : Bädeker
264 In einem solchen Lande ist’s aber Arbeit und Arbeit allein, welche ein zufriedenes, glückliches Dasein verhelfst. Wer also jene scheut, wer Anstrengung fürchtet, der betrete es nicht. Es ist auch ein freies Land und frei, nicht zaghaft, sondern fest und entschlossen, klar auch über seinen Entschluss und ganz einig mit demselben muss jeder sein, der die Reise dahin antritt, mit dem Vorsätze, keine Gefahr zu scheuen, jedem Ungemach zu trotzen und, allen möglichen Hindernissen entgegen, fest nach dem Ziele — Gewinnung einer freien, unabhängigen Lage für sich und die Seinigen — zu ringen. Wer zu solchem Vorsatz sich nicht erheben kann, der ertrage sein Schicksal und bleibe zu Hause; oder er gehe und sei sicher der fürchterlichsten Täuschung. Viele gingen ohne Mut, ohne Geschick, ohne Arbeitslust, unfähig zu den Anstrengungen, welche die Gründung einer ersten Niederlassung in Wäldern, die noch nie den Axthieb des Holzhauers schallen gehört, erheischen; — viele auch, die in Europa nie ein Geschäft geführt oder gewusst, was es sei, unter dem Schweifse seines Angesichts sein Brot essen, gingen hin — und Elend war in Amerika ihr Los. Wie der Auswanderer nur unter harter Mühe und Arbeit in den Urwäldern sein Dasein- zu sichern vermag, ebenso geht es demselben als Handwerker oder Arbeiter in den Städten; denn unbekannt mit den Sitten und Gebräuchen eines fremden Volkes, einer fremden Welt, die in Gewohnheit und Erzeugnissen nur wenig der alten Heimat ähnelt, wird er nur gar zu oft ein Opfer seiner unüberlegten Handlung. Die ungeheuren Schwierigkeiten, unter denen die ersten Einwanderer ihre Lebensbedingnisse, zumeist auf sich allein angewiesen, herausarbeiten mussten, haben den dem englischen und deutschen Wesen entstammenden Thätigkeitssinn zu einem Thätigkeitstrieb ausgebildet, der ein bezeichnendes Merkmal der Nordamerikaner geworden ist. Die Thätigkeit und Rührig- keit der einzelnen ist so gross, dass kein anderes Volk so ganz und gar als ein thätiges zu bezeichnen ist, als das nordamerikanische. Arbeit ist in Nordamerika, mehr als irgendwo sonst, das sichere Mittel zu allem, was das Leben darbietet; Arbeit ist dort das Leben selbst, Müßiggang eine seltene Erscheinung; die in Europa herrschende Vergnügungssucht fast unbekannt; ihr Hauptbedürfnis neben der Arbeit ist zeitweise Er- holung durch Ruhe, womit auch die sehr strenge Heiligung des Sonntags zusammenhängt, der dem rastlos thätigen Nordamerikaner als ein Tag der Ruhe, Sammlung und Vergnügungslosigkeit willkommen ist. Dieser Thätigkeitstrieb äußert sich nicht bloß in der Landwirtschaft und in der Fabrikthätigkeit, sondern auch im Handelsgeist, welcher das ganze Volk durchdringt und sich aus dem englischen Handelsgeist und der Weltstellung des ganzen Landes auf das Bestimmteste ausgebildet hat. Die Nordamerikaner sind durch und durch ein Handelsvolk, so daß selbst der Ackerbautreibende zugleich ein Kaufmann ist; alle Klassen und Personen sind vom Handelsgeiste durchdrungen; jeder Gegenstand, außer dem ihm durch seine Religiosität geheiligten, ist ihm feil, jedes Besitztum an beweglichen und unbeweglichen Gütern, die leicht aus einer Hand in die andere gehen, einem grossen Wechsel der Besitzer unterworfen. — Das Leben eines wahren Amerikaners gleicht dem Soldatenleben im Kriege, er ist beständig gleichsam im Felde; heute da, morgen dort, verweilt er vielleicht nach vier Wochen an einer Stelle, welche
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