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1. Teil 1 - S. 315

1895 - Essen : Bädeker
315 andere große und edle Menschen reden zu uns in den Denkmälern, welche Verehrung und Liebe ihnen aufgebaut hat. Säulen zum ehrenden Gedächtnis der im Kampfe für König und Vaterland gefallenen Krieger und Säulen zur freudigen Erinnerung an die siegreich geführten Kriege erheben sich auf ver- schiedenen Plätzen, unter ihnen als die herrlichste die aus einem mächtigen und reichen Unterbau aufsteigende Siegessäule auf dem Königsplatze, welche mit der sie krönenden Siegesgöttin eine Höhe von 61 m erreicht. Wir sind im Herzen eines großen, lebensvollen Staates, das empfinden wir hier in seiner Hauptstadt, eines Staates, welcher die Bildung pflegt und zugleich sein gutes Recht mit scharfem Schwerte zu verteidigen weiß. Die Steine um uns reden von seiner ruhmvollen Vergangenheit. An das Heer, seine feste Stütze, wird man in Berlin zu Zeiten ganz besonders erinnert. An einem Tage — gewöhnlich im Mai — ist die ganze Garnison in Bewegung. Die Morgensonne blitzt lustig in den Helmen der Kürassiere, und der Wind spielt mit den Fähnlein der Ulanen. Batterie nach Batterie rasselt durch die Straßen; mit klingendem Spiel rückt Fußvolk und Reiterei nach dem Tempelhofer Felde im Süden der Stadt. Hier, auf der weiten Ebene, da kann man sie sehen, die berühmten Regimenter, deren jedes eine gewonnene Schlacht bedeutet, die Garden, welche den Tag von Gravelotte entschieden und in dem heißen Kampfe vor Paris das Dorf Le Bonrget erstürmten. Nun erscheint der Kaiser, umgeben von seinem Stabe und gefolgt von allen Prinzen und Prinzessinnen, — und nun geht es durch die Reihen. Die ganze Musik spielt, alle Fahnen senken sich, alle Waffen klirren unter dem Griff der Mannschaften: das preußische Heer grüßt seinen obersten Kriegsherrn. Und nun wird es still; aber nur für einen Augenblick. Dann beginnt der Galopp der Schwadronen und der Marschtritt der Neginienter, das Exerzieren im Feuer, das Knacken und Knattern der Gewehre, das Rollen der Salven, der Trommelschlag, der Ruf der Signalhörner und das Kommando der Offiziere. Man glaubt eine wirkliche Schlacht zu hören. Es ist nur ihr Scheinbild, aber es macht dennoch einen überwältigenden Eindruck. Welch einen Wechsel zeigt die eine Stadt nach ihren verschiedenen Stadtteilen! Auf den Straßen im Innern, auf der Königsstraße, der Leipziger Straße, der langgestreckten Friedrichsstraße, welche in einer Ausdehnung von 3 Km Berlin durchschneidet, und vielen anderen herrscht das Brausen und Branden der Weltstadt. Da ertönt das Rollen der Wagen, das Klingeln der Pferdebahnen, die an den Halteplätzen oft von drei oder vier Seiten sich treffen; da wogen Fuhrwerke und Menschenscbaren nebeneinander und durch- einander. Alles ist ein Bild der unablässigen Bewegung und des unermüdetsten Fleißes. Kommen wir aus diesem rastlosen und lauten Gewühl in eine äußerstentlegene Vorstadt, so ist es uns vielleicht so, als wären wir in eine ganz andere Stadt versetzt. Stille sind hier die Straßen; selten rollt ein Wagen. Hier können sich noch die Kinder fröhlich tnnnneln und auf dem spärlichen Graswuchse der benachbarten Anger unbehelligt ihre Papierdrachen steigen lassen. Anderswo, zum Beispiel im nördlichen Teile der Stadt, drängt sich uns eine Geschäftigkeit ganz anderer Art auf. Hier reiht sich Fabrik an Fabrik, hier ragen zahllose hohe Schornsteine empor und senden ihre dunklen Rauchmassen gen Himmel. Eine große, stolze Stätte deutschen Großgewerbes umgiebt uns. Durch die Straßen dieses Viertels sieht man zu gewissen Stunden in dichtem, schwarzem Gewimmel das Volk der Maschinenbauer und sonstigen Arbeiter ziehen. Und führt uns unser Weg in eine andere Gegend,
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