1892 -
Leipzig
: Amelang
- Autor: Fix, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 28
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
- 412 —
380. Was ist des Deutschen Vaterland?
1. Was ist des Deutschen Vaterland? Jst's Preußenland? ist's
Schwabenland? ist's, wo am Rhein die Rebe blüht? ist's, wo am Belt
die Möve zieht? — O nein, o nein, o nein, o nein, sein Vaterland
muß größer sein!
2. Was ist des Deutschen Vaterland? Jst's Bayerland? ist's
Steierland? ist's wo des Marsen Rind sich streckt? ist's, wo der Märker
Eisen reckt? — O nein, sein Vaterland muß größer sein!
3. Was ist des Deutschen Vaterland? Jst's Pommerland? West-
falenland? ist's wo der Sand der Dünen weht? ist's, wo die Donau
brausend geht? — O nein, sein Vaterland muß größer sein!
4. Was ist des Deutschen Vaterland? So nenne mir das große
Land! Ist's Land der Schweizer? ist's Tirol? Das Land und Volk
gefiel mir wohl! — Doch nein, sein Vaterland muß größer sein!
5. Was ist des Deutschen Vaterland? So nenne mir das große
Land! Gewiß, es ist das Österreich, an Ehren und an Siegen reich! —
O nein, sein Vaterland muß größer sein!
6. Was ist des Deutschen Vaterland? So nenne endlich mir das
Land! — So weit die deutsche Zunge klingt und Gott im
Himmel Lieder singt! Das soll es sein, das soll es sein, das,
wackrer Deutscher, nenne dein!
7. Das ist des Deutschen Vaterland, wo Eide schwört ein Druck
der Hand, wo Treue hell vom Auge blitzt und Liebe warm im Herzen
sitzt! Das soll es sein, das, wackrer Deutscher, nenne dein!
8. Das ganze Deutschland soll es sein! O Gott, vom
Himmel sieh darein und gieb uns rechten, deutschen Mut, daß wir es
lieben treu und gut! Das soll es sein, das ganze Deutschland
soll es sein! Ernst Moritz Arndt.
381. Ein gutes Bekenntnis.
Napoleon war schon wieder von Elba zurückgekehrt, der Krieg hatte
schon wieder begonnen, als der bereits achtzehnjährige Prinz Wilhelm
von Preußen durch die Konfirmation in die Gemeinschaft der erwach-
senen Christen aufgenommen wurde. Der 8. Juni 1815 war der Tag
seiner Einsegnung. Als er sein Glaubensbekenntnis ablegte, redete er
schöne Worte, die nicht vergessen sein sollen. Denn das, was er als
Jüngling gelobt, hat er treulich gehalten sein Lebelang. Er sprach aber
unter anderm:
„Mein fürstlicher Stand soll mich immer an die größeren Verpflich-
tungen, die er mir auflegt, an die größeren Anstrengungen, die er von
mir fordert, und an die größeren Versuchungen, mit denen ich zu kämpfen
habe, erinnern.
Ich will nicht vergessen, daß der Fürst doch auch Mensch, vor Gott
nur Mensch ist und mit dem Geringsten im Volke die Abkunft, die
Schwachheit der menschlichen Natur und alle Bedürfnisse derselben gemein
hat; daß die Gesetze, welche für andere gelten, auch ihm vorgeschrieben
sind, und daß er, wie die andern, einst über sein Verhalten wird ge-
richtet werden.