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1. Der Jugendfreund - S. 39

1887 - Düsseldorf : Schwann
39 boshaft, sprach der Knabe: Ehrwürd'ger Vater, viele Menschen sind versammelt hier und warten auf die Predigt. 3. Der blinde Greis erhob sich alsobald, wählt einen Text, erklärt ihn, wandt' ihn an, so herzlich, daß die Thränen mildiglich ihm niederflossen in den grauen Bart. 4. Als er beschließend darauf das Vater unser gebetet und gesprochen: „Erlöse uns, o Herr, von allem Übel! Amen!", da riefen im Thal viel tausend Stimmen: Amen, ehrwürd'ger Vater, Amen, Amen! 5. Der Knab' erschrak; reumütig knieet er nieder und beichtete dem Heiligen die Sünde. „Sohn," sprach der Greis, „hast du denn nicht gelesen, wenn Menschen schweigen, werden Steine schrei'n? Nicht spotte künftig, Sohn, mit Gottes Wort! Lebendig ist es, kräftig, schneidet scharf, wie kein zweischneidig Schwert. Ünd sollte gleich das Menschenherz sich ihm zum Trotz versteinern, so wird im Stein ein Menschenherz sich regen!" 45. Der Mönch. In einem Kloster lebte ein Mönch, der Abends immer eine große Mattigkeit und Abspannung verriet. Der Abt fragte ihn einst nach der Ursache derselben. „Ach, anwortete der Mönch, ich habe jeden Tag so vieles zu thun, daß meine Kräfte nicht hinreichen würden, wenn die Gnade Got- tes mich nicht stärkte. Ich habe zwei Falken zu zähmen, zwei Hasen aufzuhalten, zwei Sperber abzurichten, einen Lindwurm zu bezwingen, einen Löwen zu bändigen und einen Kranken zu pflegen." — „Ei, sagte der Abt, das sind thörichte Klagen : solche Geschäfte werden keinem Brenschen zu gleicher Zeit aufgegeben, und in meinem Kloster habe ich nie etwas von solchen Pflichten der Brüder gehört." — „Und doch, ehrwürdiger Herr, versetzte der Mönch, habe ich keine Unwahrheit geredet. Die zwei Falken sind meine Au- gen; die muß ich mit großer Sorgfalt bewachen, damit ihnen nicht etwas gefalle, was meiner Seligkeit schaden könnte. Die zwei Hasen sind meine Füße; die muß ich be- ständig zurückhalten, daß sie nicht nach schädlichen Vergnügen laufen und auf dem Wege der Sünde wandeln. Die beiden
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