1887 -
Düsseldorf
: Schwann
- Hrsg.: ,, Kahl, August
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
Heimat in Amerika. Das Blatt des Tabaks ist haarig und
etwas saftig, ungeteilt und ziemlich lang, oft 15 Zull. ^ Die
Staude erreicht uicht selten eine Hohe von 5 Fuß; die Blüten
sind trichterförmig gestaltet und rosenrot gefärbt, bilden an der
Spitze des Stengels eine große Rispe und sind 2—3 Zoll lang.
Wie bei der Kartoffelblüte die Zahl fünf vorherrscht, so auch
bei der Blüte des Tabaks: fünfteilig ist der Kelch, fünfteilig
die Krone und von fünf einzeln Staubfäden werden die fünf
Staubbeutel getragen. — Gegenwärtig hat sich die Pflanze in
allen Erdteilen eingebürgert, in der heißen wie in der gemäßig-
ten Zone. Bei uns sind nur zwei Arten heimisch geworden, jene-
rotblühende und eine andere mit griingelblichen Blüten, die
derber, kleiner, überhaupt nicht so stattlich als jene erste ist. In
Betreff der Güte bleiben die amerikanischen Tabake immer die
vorzüglichsten; über allen steht das Blatt der Havanna aus der
zauberischen Insel Cuba, mitten zwischen Nord- und Südamerika.
Auch die mittleren und siidlichen Staaten der Union erzeugen
große Massen wohlbekannter Tabake. Bremen allein, Deutsch-
lands Haupteinfuhrort für Tabake aus Amerika, bekommt jährlich
über 30 Millionen Pfund zugeschickt.
Ehe das Tabaksblntt in die Pfeife gestopft oder als Cigarre
geraucht werden kann, muß man erst mancherlei mit ihm vor-
nehmen. Um es möglichst groß und kräftig zu erhalten, köpft
ncan die Spitze der Pflanze vor der Bildung der Blütenkuospen
und bricht die Seitenäste aus. Bekommt das grüne Blatt eine
graue Färbung, so nimmt man es ab und zwar in der heißesten
Tageszeit, bei sonnigem Himmel, weil die Feuchtigkeit ihm nach-
teilig ist. Die reifen Blätter werden nun sorgfältig getrocknet
und in Bunde gewickelt, wie mau sie nicht selten an den Schau-
fenstern der Tabaksläden zu sehen bekommt. Die kleinen Bündel
werden in luftigen Räumen zu 4—5 Fuß hohen Haufen zu-
sammengesetzt. In diesen Hausen tritt bei feuchtem Tabak schon
in wenigen Tagen, bei gut getrockucteni in wenigen Wochen eine
starke Wärme ein. Die Blätter schwitzen, erhalten eine schöne
goldgelbe oder kastanienbraune Farbe, verlieren ihren rohen erdi-
gen Beigeschmack und gewinnen ihr Aroma. Dabei ist jedoch
fortwährende Aufmerksamkeit auf das Blatt eine nicht zu ver-
säumende Bedingung und häufiges Umlegen eine unerläßliche
Notwendigkeit. Hat der Tabak ausgegohren, so ist er reif für
die Verwendung. Bei Cigarren, namentlich bei den amerikani-
schen, tritt im Frühjahr noch einmal in geringerem Grade eine
Gährung ein, und diese wirkt bei edlem Tabak reinigend.
Die Landwirtschaft hat Ursache, sich der Tabakspflauze anzu-
nehmen. Nicht umsonst hat der ehemalige Winzer Badens und
der Rheinpfalz jetzt seinen Weinberg dem Tabak eingeräumt. Bei
ungleich größeren Kosten durste der Winzer durchschnittlich nur