1887 -
Düsseldorf
: Schwann
- Hrsg.: ,, Kahl, August
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Ölbäumen und Honig; eln Land, wo du feine Speise durstig
gemessen wirst, >vo dir nichts mangeln wird; ein Land, dessen
Steine Eisen sind und aus dessen Bergen du Erz graben wirst.
Und du wirst essen und dich sättigen und preisen Gott, deinen
Herrn, für das schöne Land, das er dir gegeben hat." Getreide
aller Art wuchs „auf dem fruchtbaren Boden nebst Baumwolle
und Flachs int Überfluß, und die herrlichen Blumen prangten
in den Ebenen, an den Quellen und an den Berghohen.
Der Myrrhenbaum, die Therebinthe, die Eiche, die Pinie, die
Cypresse, der Ölbaum, der Feigenbaum, die Palme und die Ceder
schmückten Thäler und Höhen, und in den Weingärten gedieh herr-
lich die Traube. Auch an nützlichen Tieren hatte das Land Über-
fluß, und die heilige Schrift nennt außer Bienen und Fischen
unter den Vogeln Rebhühner, Wachteln, Lerchen, Raben, Sper-
linge, Störche, Tauben und die Nachtigall, die am Jordan singt;
unter den Säugetieren Hirsche, Gazellen, Ziegen, Rinder, Kamele,
Pferde, Schafe, Esel, Hunde. Aber auch schädlicherer Tiere ge-
schieht Erwähnung, wie der Heuschrecke, der Schlange, des Scha-
kals und des Löwen.
So groß aber früher die Fruchtbarkeit und die Bevölkerung
dieses Landes war, so unfruchtbar ist jetzt sein Boden, so ent-
völkert sind seine Gegenden. Wo früher die blühendsten Fluren,
die lachenden Gefilde waren, da ist jetzt kein Haus, kein Garten,
kein Obstbaum zu sehen; nur Disteln trägt der unfruchtbare Boden.
21. Der Seduine.
Der Beduine ist der Sohn der arabischen Wüste. Er ist mittel-
groß, hager, der Körper ganz Flechse und Muskel, die Glieder vom
schönsten Ebenmaß, das Antlitz ein regelrechtes Oval, die schwarzen
blitzenden Augen scharf gespalten, Hand und Fuß zierlich gebildet, die
Bewegungen behende. Der Geist aber ist seiner Hülle würdig. Der an-
ständigen Körperhaltung entspricht der Adel und die Ritterlichkeit der Seele;
die Beduine ist treu imd hält selbst dem Feinde Wort; er ist gastfrei in
dem Maße, daß er selbst hungrig ohne scheelen Blick den steinfrcinden
Gast aus seiner vollen Schüssel essen sieht; Mannesehre steht ihm höher
als das Leben, die Schande wäscht er nur mit Blut ab. „Die Rach',
die Rach', nur nicht die Schmach!" ist noch immer das Kriegsgeschrei
des für seine und seiner Frauen Ehre kämpfenden Beduinen. Es ist
wahr, der Beduine ist ein Räuber; Gewalt geht ihm vor Recht, keine
Karavanc ist vor ihm sicher; aber Plünderung bei Nacht und Diebstahl
ist ihm ein Abscheu; den Besiegten und Beraubten läßt er nicht ver-
schmachten, er gibt ihm Obdach imd Unterhalt; wer aber vor der Wan-
derung seinen sich erkaufte, dem läßt er kein Haar krümmen.
Immer bedacht auf "Raub, ist er eben so willig wieder zu gehen; auch
der Ärmste bietet von seinem Brote und seinen Datteln den Zuschauern
seines kargen Mahles, und Almosengeben galt dem Araber aller Zeit für
eine seiner vorzüglichsten Verpflichtungen. Den schwarzen blitzenden Augen
entspricht das Feuer seines Gemütes: sein Blut, leicht in Wallung,