1887 -
Düsseldorf
: Schwann
- Hrsg.: ,, Kahl, August
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
372
Eben so heftig, ja noch heftiger und andauernder waren die
Verfolgungen der Christen unter vielen folgenden Kaisern. Die
Feinde des Christentums hatten dabei die Absicht, dasselbe bis
auf den letzten Keim auszurotten und die Bekenner desselben ent-
weder zum Abfalle , zu bringen, oder durch grausame Peinigungen
zu vertilgen. In Ägypten allein wurden über 140,000 Christen
ermordet und eine noch viel größere Anzahl in die Wüsteneien
vertrieben. Der Heldentod der Sterbenden diente nur dazu, den
Mut der Lebenden zu stärken und ihre Zahl zu vermehren, bis
endlich Kaiser Constantin der Große das Christentum als Landes-
religion erklärte und selber Christ wurde.
6. Constantin -er Groste wir- Christ.
(Jahr 312.)
Die Verfolgung der Christen währte bis auf Constantin, der im
Jahre 312 öffentlich als Schutzherr der Kirche auftrat. Als er
damals von Gallien aus gen Rom zog, wo sich der Sohn des
Maximian, Maxentius, zum Kaiser aufgeworfen hatte, überlegte
er lange bei sich selbst, welche Gottheit er zu seinem Führer und
Beschützer erwählen sollte. Er erwog, daß die meisten seiner Vor-
gänger, die auf eine Menge Götter gebaut und sie durch Opfer
und Gaben verehrt haben, ermordet worden waren. Gegen die
zauberischen Künste des Maxentius, so meinte er ferner, würden
die vielen Götter nichts vermögen; da könnte nur der Eine wahre
Gott helfen. So wandte er sich denn nun an diesen und bat
ihn demütigst, er möchte sich doch ihm zu erkennen geben und
ihm bei dem gegenwärtigen Unternehmen beistehen. Und Gott
erhörte sein Gebet und offenbarte sich ihm, wie einst dem flehen-
den Moses, durch eine Erscheinung.
Als Constantin noch in Gallien an der Spitze seines Heeres
dahinzog, zeigte sich nachmittags, da sich die Sonne schon gegen
Abend neigte, über derselben ein Kreuz, aus Lichtstrahlen gebildet,
mit der Aufschrift: „Durch dieses Zeichen wirst du siegen!" Solche
Erscheinung setzte ihn und sein ganzes Heer, das Zeuge derselben
war, in außerordentliches Erstaunen. Jedoch wußte er noch nicht,
was das Bild zu bedeuten hätte, und die Nacht überraschte ihn
bei seinem Nachsinnen und Zweifeln. Da bot sich ihm eine an-
dere Erscheinung dar. Jesus Christus trat zu ihm im Traume
mit demselben Zeichen, das er wachend am Himmel gesehen hatte,
und befahl ihm, eine Fahne, ähnlich jener himmlischen Erscheinung
verfertigen und sie als Zeichen des Sieges in seinen Kriegen vor
dem Heere tragen zu lassen.
Am folgenden Morgen benachrichtigte Constantin seine Freunde
von diesem Traumgesichte, ließ dann alle Künstler, die in Gold
und Edelsteinen arbeiteten, zu sich kommen und befahl ihnen.