1887 -
Düsseldorf
: Schwann
- Hrsg.: ,, Kahl, August
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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streut lebenden Bewohner zum Gebete zusammenberief, und
um welche sich nach und nach ihre Hütten gruppierten, gab
so Anlass, dass manche Einöde sich in eine gesegnete Gegend
verwandelte. So verdanken die Ortschaften Mauersmünster,
Sauerburg, Weissenburg, Haslach u. a. m. ihr Dasein den
Klöstern, die an diesen Stellen errichtet wurden.
Freilich hatte das Christentum in diesen Zeiten schon von
seiner ursprünglichen Reinheit verloren. Dem Könige zu lieb,
oder um Würden und Reichtümer zu erlange.-, nahmen viele
den neuen Glauben an. Sitten und Gebräuche behielten noch
lange einen Anstrich heidnischen Wesens, obschon die Kirche
sich bemühte, alle Überreste davon auszurotten. Besonders
schwach war ihr Einfluss auf die ersten fränkischen Regenten,
von welchen die Geschichte eine Menge Grausamkeiten und
Schandthaten berichtet. Doch wie der Schatten vor dem
Lichte, so musste die Barbarei allmählich vor dem göttlichen
Lichte des Evangeliums weichen; äusserlich offenbarte sich
die christliche Religion in den vielfältigen Stiftungen von
Kircaen und Klöstern, die in diese Zeit fallen. Diese Stif-
tungen ha.ten aber auch ein anderes Verdienst: sie waren
Zufluchtsorte für Verfolgte und Pflanzstätten der Wissenschaften.
Die vielen Kriege, welche die fränkischen Könige mit
ihren Nachbarn oder unter sich selbst führten, berührten das
Elsafs nicht. Eine bedeutende Anzahl von Dörfern bedeckte
wieder das Land, und der Ackersmann konnte ungestört sein
Feld bestellen und seinen Weinstock pflegen. Die Ergiebig-
keit des Bodens, die reichen Jagdreviere in der Ebene und im
Gebirge, die fischreichen Flüsse und Bäche waren der Grund,
warum die fränkischen Könige mehrere königliche Landsitze
oder Pfalzen errichten liessen. Will man sich einen Begriff
von einem solchen Landsitze machen, so muss man nach
Kirchheim gehen, wo die ansehnlichste dieser Pfalzen sich
befand, und die Könige sich oft aufhielten. Wie sah es aber
damals aus?
In einer reizenden Gegend, ringsum von Flügeln umgeben,
wo die Rebe mit den Obstbäumen und den Kastanienwäldchen
wechselt, inmitten üppiger Felder und Wiesen, von prächtigen
Gärten und Lustgängen umgeben, liegt an den Ufern der
Mofsig das stattliche Schloss. Im Hintergründe erheben die
Vogesen, mit dem Schneeberg als Krone, majestätich ihre dicht-
bewaldeten Rücken und begrenzen den Horizont. Hie und
da blinken aus dem Dunkel der Bäume liebliche Weiler oder
freundliche Gehöfte hervor, unter welchen uns die in den vier
Windgegenden errichteten Meiereien, der Westhof, Osthof,
Nordheim und Sultz genannt, besonders auffallen. Wir kom-
men näher; vor uns, unten im Thalgrunde, weidet das kräf-