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1. Teil 1 - S. 33

1918 - Essen : Bädeker
Übsr Berufswahl. 33 Wer hartnäckig auf falschem Wege weitergeht, häuft Irrtum auf Irrtum, und der Kummer, sich geirrt zu haben, bringt immer neuen Kummer hervor; wir werden von tiefem Groll erfüllt, den wir über uns und die uns Nahestehenden ergießen. Selbst unglücklich, machen wir auch unsere Lieben, Nachbarn und Freunde unglücklich. Kein Mensch ist so widerwärtig, wie derjenige, welcher täglich seinen Beruf verflucht, obgleich er durch die Notwendigkeit oder die Unmöglichkeit, etwas anderes zu tun, gezwungen ist, ihn auszuüben; keiner ist angenehmer als der, welcher sich’s in seinem Berufe bequem macht, wie in einem weichen, warmen Gehäuse, das ausdrücklich für ihn gemacht ist. Und doch, wie sorglos, wie unüberlegt, mit wie wenig Rücksicht- nahme auf körperliche und geistige Veranlagung wird in manchen Familien über die Berufswahl des Sohnes entschieden. Die herrschenden Verhältnisse, Eitelkeit und Hochmut, die Flut von Vorurteilen, der Hang nach mühelosem Erwerb und die überhand- nehmende Genußsucht bei jung und alt schrauben die Ansprüche auf den zukünftigen Beruf des Knaben weit über das Maß alles dessen hinauf, was erreichbar, was gut, was segensreich ist. — Hierin liegt eine außerordentlich ernste Gefahr für die Familie, für den Knaben, für die gesunde Entwicklung des deutschen Handwerks, dem die besten Kräfte vielfach entzogen werden, wie für den Staat. — Der Vater will nicht, daß der Sohn sein Handwerk erlerne, was doch so viele Bürg- schaften für die Zukunft des letzteren bietet. Gehen wir ins Mittelalter zurück und betrachten dort die Lage des Handwerks 1 In vielen Fällen erlernten die Söhne das Handwerk der Väter, wurden tüchtige Meister, fanden mit ihren Artikeln die Absatzwege ins In- und Ausland, und brachten durch ihre von frühester Jugend an geübte Kraft im väter- lichen Fach das deutsche Handwerk zu hohen Ehren. Jetzt will weder Vater noch Sohn das alte Handwerk mehr lieb haben. Der Vater um deswillen nicht, weil er unzufrieden ist mit der gegenwärtigen Geschäfts- lage und seinen Sohn überhaupt für etwas „Höheres“ berufen hält; der Sohn nicht, weil die hochfliegenden Pläne des Vaters seine Eitelkeit kitzeln. Ohne Rücksicht auf die körperliche und geistige Beanlagung des Sohnes, ohne Rücksicht auch auf die materiellen Mittel und auf das gleiche Anrecht der übrigen Kinder an das kleine Vermögen, er- greift der Sohn das „Höhere“ — und erreicht in den seltensten Fällen sein Ziel. Ein verfehlter Beruf! Ein verfehltes Leben! — Zählt sie zusammen, diese traurigen Beispiele, und ihr werdet eine Summe finden, die in der Tat eine soziale Gefahr für alle werden muß. Eitelkeit, Hochmut und Leichtsinn schlagen hier dem Körper der Nation Wunden, die Schwer Zu heilen Sind. Nach Mantegazza und Paulik. Ein jeder Stand der Welt ist gut, wenn treu ein Mann das Seine tut. Magst Kaufmann oder Tischler sein, Horn blasen oder Saaten streun; ob Pinsel du, ob Hammer führst, ob du im Heer die Trommel rührst, ob Blumen ziehst auf stillem Beet, ob auf der See fährst sturmumweht: acht hab' auf eins, vergiß es nicht: was du auch bist, tu deine Pflicht! Schürmann u. Windmöller, Lehr. n. Lestb. f. Fortbildung?- u. Gewerbesch. I. 3
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