1918 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Windmöller, Friedrich, Schürmann, Franz
- Auflagennummer (WdK): 34
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
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Die Heimkehr von der Wanderschaft.
44. Die Heimkehr von der Wanderschaft.
Meister Zeiland war der beste Grobschmied im ganzen Lande
und der emsigste. Ehe der Tag anbrach, öffnete er seine Werk-
stätte mit einem Morgenliede, und dann loderte das Feuer in seiner
Esse, und die Blasebälge arbeiteten, und auf drei Ambossen seufzte
ohne Unterlaß das sprühende Eisen unter den schweren Hämmern.
Den ganzen Tag war er unermüdet bei der Aufsicht und Arbeit;
aber wenn um sechs Uhr das Feuer ausgelöscht und die Werkstätte
geschlossen war, dann lebte er sich selbst und dem Andenken seiner
frohen Tage; und dann war wohl niemand zufriedener und ehr-
würdiger als Zeiland, der Grobschmied.
Bei heitern Abenden zur Sommer- und Herbstzeit saß er
dann oft an seiner Tür auf dem Hofe unter den hohen Nußbäumen,
die sein Großvater, auch ein Grobschmied wie er, gepflanzt hatte,
als er nach einem großen Brande das Haus wieder aufbaute. Dann
setzten sich meistenteils einige der ältesten Nachbarn um ihn her
auf die hölzernen Bänke, und auch die jüngern Männer versammelten
sich um ihn und hörten ihn gern, wenn er von alten Zeiten sprach
und den Drangsalen des Krieges und von fremden Städten, in denen
er gewesen war, und von seiner Jugend und seinen glücklichen
Tagen. Namentlich erwähnte er oft des Tages seiner Rückkehr
von der Wanderschaft.
„Mein Vater,“ erzählte er einmal, „war ein tätiger und ernster
Mann, der mir nicht erlaubte, viel umherzugaffen, sondern mich von
klein auf scharf zur Arbeit anhielt. Was ein fester Baum werden
soll, pflegte er zu sagen, das muß im Winde wachsen, und ein
Handwerksmann darf nicht erzogen werden wie ein Edelmann. Ich
ehrte ihn sehr und war folgsam gegen seine Befehle, weil es Gottes
Gebot ist, doch nicht immer mit frohem und vollem Herzen, aber
meine Mutter liebte ich über alles und tat alles mit Freuden,
was sie mich hieß. Beide waren schon hoch in Jahren, als
ich so weit herangewachsen war, daß ich mich auf die Wander-
schaft begeben mußte; denn ich war von zehn Kindern das jüngste
und nebst einer Schwester allein noch übrig. Ich verließ sie mit
der Besorgnis, vielleicht keines von beiden wieder zu finden.
Mit schwerem Herzen ging ich aus der Stadt und sah mich
oft um; da ich aber bald in die Arbeit kam, wurde ich wieder
guten Mutes. Acht Jahre bin ich in der Fremde gewesen und habe
viel Neues gelernt, was mir in der Folge großen Vorteil gebracht
hat. Ich hatte öfters Gelegenheit, mich unter guten Aussichten als
Meister zu setzen; aber so gut es mir auch gehen mochte, so waren
meine Gedanken doch immer nach meiner Heimat gerichtet. Es
kam mir immer vor, als ob die väterliche Werkstätte die beste auf
Erden sei, und diese Nußbäume unseres Hofes die schattigsten und
schönsten.
Eines Abends, es war am zweiten Ostertage, als ich müßig
am Rhein unter den Bäumen saß und die Sonne mir gegenüber
unterging, und der Fluß zu meinen Füßen rauschte und das junge
Laub der Bäume über mir, da ergriff mich eine unbeschreibliche