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1. Teil 1 - S. 106

1918 - Essen : Bädeker
10g Der Staat. 81. Der Staat. Als Abraham und Lot in Streit über ihre besten Weideplätze ge- rieten, da war Abraham friedfertig genug und sprach: „Laß doch keinen Zank sein zwischen mir und dir, zwischen meinen und deinen Hirten\“ Und sieh, Lot zog nach Sodom, und Abraham blieb in Kanaan! Sie konnten dieses Auskunftsmittel zum Frieden auch leicht ergreifen, denn sie waren als Nomaden nirgends angesiedelt. Hätten sie aber einen festen Wohnsitz gehabt, so wäre ihnen nichts übrig geblieben, als sich zu vertragen. Und was wäre wohl das Nächste gewesen, um häufigen Streit zu vermeiden? Offenbar mußten sie ihren Besitz genau abgrenzen. Aber nicht jedermann ist so freundschaftlich und verträglich wie Abraham und Lot, und auch die Lebensverhältnisse sind nicht immer so einfach. Denn bei Vermehrung der Bevölkerung, der Entwicklung des Tausch- handels und der Gewerbe wurden die Fragen über das Eigentum immer schwieriger; leicht konnte auch ein unruhiger Kopf oder eine habgierige Seele einen Streit über das „Mein und „Dein“ heraufbeschwören; es konnten Ruhestörungen entstehen und Gewalttaten aller Art veranlaßt werden. Um dies zu verhindern, hat Gott die weltliche Ordnung eingesetzt. Sie stellt feste Gesetze auf, durch welche Handel und Wandel geregelt und jedem das Maß seiner Freiheit zugewiesen wird, damit er seine Mitmenschen nicht in ihren Ansprüchen auf die gleiche Freiheit beeinträchtigt. Die Obrigkeit bestimmt nicht nur, was als Recht gilt, sie wacht auch darüber, daß es nicht übertreten werde. Schon das Zusammenleben nomadischer Hirtenstämme ist undenk- bar ohne gewisse rechtliche Bestimmungen und ohne die Unter- ordnung der Menge unter ein gemeinsames Oberhaupt. Noch weniger läßt sich dies bei einer aus so verschiedenartigen Gliedern zusammen- gesetzten Gesellschaft denken wie derjenigen, in der wir leben. Es müssen noch weit genauere, ja man möchte sagen, wundervolle Bestim- mungen getroffen werden, damit jedem das Seine werde: dem Käufer und Verkäufer, dem Gläubiger und Schuldner, dem Herrn wie dem Knechte, dem Untertanen wie dem Fürsten usw. Alle Stände müssen getreulich zusammenstehen und sich gegenseitig unterstützen. Der Nähr- stand bildet die Grundlage des ganzen Staates; der Wehrstand schützt und verteidigt das Land und seine Bewohner, und der Lehrstand sorgt für Verbreitung von Gesittung und Bildung unter der Bevölkerung. Ein solch streng geordnetes, wohlgegliedertes Ganzes aber, worin jedem seine Rechte und Pflichten angewiesen sind und für die Vollziehung beider gesorgt wird, ist der Staat. Meistens sind die Menschen, die sich zu einem Staat verbunden haben, von gleicher Abstammung; sie sprechen infolgedessen ein und dieselbe Sprache und haben gleiche Sitten; sie fühlen sich natürlich zusammengehörig und stehen im Glück und Unglück treu und fest zu einander, wie das in so erhebender Weise durch die Geschichte des deutschen Volkes in den Freiheitskriegen 1813 und dem deutsch- französischen Kriege von 1870—71 uns verkündigt wird. An der Spitze unseres Staates steht ein König, in einem kleineren Staate ein Großherzog, Herzog oder Fürst. Stirbt der Fürst, so wird sein ältester Sohn, wo kein solcher vorhanden ist, der älteste männliche
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