1918 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Windmöller, Friedrich, Schürmann, Franz
- Auflagennummer (WdK): 34
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Alfred Knipp und sein Werk.
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Stätten und Öfen errichten und den Betrieb erweitern könnte. An
hundert Arbeiter waren tätig, aus mehreren Schloten wirbelte tags-
über der Kohlenrauch in die Luft; rings um das kleine Wohnhaus,
das einst der Vater gebaut, klang die Musik von Hammer und
Amboß. Eine öffentliche Auszeichnung errang das Geschäft im
Jahre 1844 auf der Gewerbeausstellung in Berlin, wo Krupp wegen
seiner eigenartigen Leistung in Gußstahl die goldene Medaille erhielt.
A. Krupp war im Jahre 1848 durch Auseinandersetzung mit
seinen Geschwistern selbständig geworden. Mit scharfem Blick und
denkendem Kopf verstand er die Zeichen, die ein eisernes Zeitalter
ankündigten. Tausenderlei Maschinen arbeiteten für die Menschen.
Das beste Eisen mußte den Sieg erringen; Goldwert mußte es er-
langen, wenn es neben größter Härte Schmelzbarkeit besass. Sein
Gußstahl sollte die Anerkennung der Welt erringen, das Höchste
und Größte leisten. Selbst die Engländer wollte er schlagen. Der
Zug ins Große und Außerordentliche trat immermehr bei Krupp
hervor. Die Weltausstellung in London im Sommer 1851 beschickte
er nicht nur mit seinen gewöhnlichen Fabrikaten, sondern auch mit
einem ungeheueren Gußstahlblock von 2250 kg Gewicht und mit
einer Sechspfünder-Mantelkanone aus Gußstahl. Hiermit
erregte er großes Aufsehen, also auf dem Gebiete, auf dem er das
Höchste erringen sollte. Krupp bekam den ersten Preis. In der
Welt der Eisenindustrie stand sein Name glänzend da, und der Ruf
seiner Fabrik verbreitete sich im Auslande. Gewaltige Aufträge an
Eisenbahnmaterial, Achsen, Schienen, Federn usw. erforderten Ver-
größerung der Werke. Krupp erfand in dieser Zeit die Guß-
stahl-Bandage, d. h. die Herstellung des Reifenbeschlags der
Eisenbahnwagenräder ohne Schweißnaht durch Kreisrundung aus
einer geschlitzten Gußstahlplatte. Zahlreiche Unglücksfälle, ver-
ursacht durch das Zerspringen der Räder, waren damit vermieden.
Auf die Erfindung brachte ihn das Durchbohren einer Bleiplatte
und das allmähliche Erweitern des Bohrloches, bis es nur von einem
Ringe umgeben war. So versuchte er stets das Große erst im
kleinen und führte es mit starker Willenskraft zur Vollkommenheit,
so daß sein Wille auch stets zur Tat wurde. Die genannte Erfin-
dung war ein großer Erfolg, der ihm viel einbrachte. Das Geld
strömte jetzt nach Essen zu Krupp, so daß ihm ein reicher Gewinn
zufiel. Trotzdem war Alfred Krupps rastlos strebender und ehr-
geiziger Natur das Ausruhen zuwider. Sein Arbeitsgenie drang un-
aufhaltsam vorwärts. Immer stand ihm die Sache über seiner Person.
Er wußte, daß das, was er sich errang, der deutschen Eisenindustrie
zugute kam, und daß mit ihm zugleich das Vaterland an Ansehen
und Wohlstand gewinnen mußte.
Die Kanonenfabrikation lag Krupp vor allem am Herzen. Die
besten Kanonen aus seinem wunderbaren Gußstahl herzustellen, war
sein höchstes Ziel. Vielfach wurden zwar seine Kanonen probiert,
aber es dauerte lange Zeit bis zu ihrer Einführung. Der Khediv *)
von Ägypten bezog 1855 die ersten 36 Kanonen von Krupp gegen
>) Khediv d. i. Gebieter oder Fürst.