1914 -
Metz
: Even
- Auflagennummer (WdK): 10
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
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Straßen, prächtige Paläste und herrliche Kirchen. Das viel-
türmige Moskau, die alte Hauptstadt des Reiches, liegt mitten
im Lande. Die wichtigste Handelsstadt im Norden Rußlands ist
das in der Nähe der Ostsee gelegene Riga. Warschau an der
Weichsel ist die Hauptstadt des ehemaligen polnischen Reiches,
soweit es zu Rußland gehört. Am Schwarzen Meere liegt die
große Handelsstadt Odessa.
Die Lebensart der gemeinen Russen ist äußeret einfach. Sie
wohnen in Blockhäusern, welche mit Stroh oder Schindeln ge-
deckt sind. Schwarzes Brot, Kohl, Grütze, Zwiebeln machen ihre
gewöhnliche Nahrung aus. Fleisch wird nur an Festtagen in
der Suppe gekocht. Zu den Hauptvergnügungen -des Russen
gehören die Jagd und die Musik. Der Landmann singt hinter
dem Pfluge, der Hirt bei der Herde, der Handwerker bei seiner
Arbeit. Alle Russen baden sehr gern. Daher gibt es selbst in den
kleinsten Dörfern heizbare Badestuben. Nachdem der Badende
hier in den größten Schweiß geraten ist, springt er plötzlich in
eiskaltes Wasser oder wälzt sich wohl gar im Schnee. Dieser
Gewohnheit verdankt der Russe zum Teil seinen festen, gegen
Wind und Wetter abgehärteten Körper.
55. Die Lappen und das Renntier.
Der größte Teil des von den Lappen bewohnten Landstriches
liegt innerhalb des Polarkreises. Er entbehrt daher eine Zeitlang
des Sonnenscheins. Ganz im Norden von Norwegen herrscht die
Nacht von Mitte November bis Anfang Februar. Mittags ist es
aber bei schönem Mondscheine so hell, daß man auf ein paar
Stunden die Lampen löschen kann. Man glaube nicht, daß die
Gegend entsetzlich kalt sei. Gegen Westen, wo der Golfstrom die
norwegische Küste berührt, ist das Klima verhältnismäßig mild.
Rüben und Kartoffeln werden noch am Nordkap gebaut. Der
Getreidebau dagegen ist dort sehr schwierig. Hat der lange Winter
dem Sommer Platz gemacht, so sproßt alles mit unglaublicher
Schnelligkeit aus der Erde hervor. Man sieht beinahe das Gras
wachsen. Die Ernte folgt schon nach acht Wochen auf die Saat.
Die Renntierlappen wohnen meist in ärmlichen Zelten,
welche sie alle acht oder vierzehn Tage weiter verlegen. Die
Fischerlappen dagegen, welche die Küsten bewohnen und vom
Fischfänge leben, haben feste Wohnungen aus Rasen, Holz und
Baumrinde.