1873 -
Hildburghausen
: Gadow
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 10
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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84. Lukas Kranach der Aeltere.
Lukas Kranach, der Aeltere, war einer der geschick-
testen und berühmtesten Maler seiner Zeit, zwar im
Auslande, in der Stadt Kronach in Franken, geboren
(1742), aber in Sachsen einheimisch geworden. Er er-
öffnet die Reihe der bekannten sächsischen Maler, und
es gebührt ihm das Lob, den Kunstsinn in Sachsen ge-
weckt zu haben. Seine Gemälde werden noch jetzt sehr
gesucht und theuer bezahlt. Schon der kunstliebende Kur-
fürst, Friedrich der Weise von Sachsen, hatte diesen vor-
trefflichen Maler und edlen Mann wegen seiner Kunst
und Tugend um das Jahr 1493 an seinen Hof gezogen,
ihn zum Hofmaler gemacht und zum Begleiter auf der
Wallfahrt nach Jerusalem mitgenommen. Er verlieh
ihm, zum Zeichen seines Beifalls, den adeligen Wappen-
schild einer geflügelten Schlange, Kranachs Malerzeichen.
Diese Gunst Friedrich des Weisen stieg unter Johann
dem Beständigen und erreichte unter Johann Friedrich
dem Großmüthigen die höchste Stufe; denn Lukas war
dessen besonderer Liebling und verdiente es auch; denn er
widmete diesem biederherzigen Fürsten sich ganz, sowie auch
der Fürst ihm mit innigster Freundschaft zugethan war. In
guten Zeiten hatte er bei dem redlichen und verständigen
Maler Rath und Ergötzung gefunden, in bösen Stunden
fand er Aufheiterung und Trost.
Als Wittenberg nach der unglücklichen Schlacht bei
Mühlberg von Kaiser Karl V. eingeschlossen und, um
das Leben des gefangenen Kurfürsten zu retten, eben im
Begriff war, dem ergrimmten Sieger die Thore zu öff-
nen, ließ er den Hofmaler Kranach, welcher zugleich Bürger-
meister der Stadt war, zu sich ins Lager kommen,
empfing ihn huldreich und sagte: „Es hat mir Dein Kur-
fürst ehedem zu Speier ein schönes Gemälde, so Du verfer-
tiget, verehrt und ich betrachte dasselbe stets mit Vergnügen.
Deßhalb wollte ich den Meister selbst sehen. Auch, fügte
er freundlicher hinzu, ist zu Mecheln im Schlosse mein
Bildniß von Deiner Hand vorhanden, und ich möchte
gern von Dir wissen, wie alt ich damals gewesen?"
Kranach erwiderte: „Ew. Majestät waren damals acht
Jahre alt. Als dieselben mit dem Kaiser Maximilian,
der Ew. Majestät bei der Hand führte, in das Zimmer
getreten war, um sich abschildern zu lassen, konnte ich
nicht bequem damit fortfahren, noch Ew. Majestät zum