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1. Thüringisches Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschulen - S. 305

1873 - Hildburghausen : Gadow
303 diesem Geschäfte, und ein jedes zieht mit mehreren Hun- den aus, die ihm eigenthümlich gehören, und die nur sei- nen Worten allein folgen. Die vorigen Wächter kommen dann mit den hungrigen Hunden zurück. Daher ist es nicht selten, dass acht, zehn oder zwölf Hunde zugleich in der Garn me über die Köpfe der Ruhenden wegsteigen, für sich selbst bequeme Ruhestellen zu suchen. Sie be- dürfen freilich der Ruhe; denn so lange sie draussen mit dem Herrn dieheerde bewachen, sind sie in fortdauernder Bewegung. Auf ihnen beruht das Heil und die Sicherheit der Heerde. Nur durch sie wird dieselbe auf bestimmten Plätzen zusammengehalten, oder wenn es nöthig ist, nach andern geführt; nur durch sie treibt man die Wölfe, die fürchterlichsten Feinde der Lappen, von denrennthieren zurück. Das furchtsame Rennthier läuft erschrocken in der Wildniss umher, wenn sich der Wolf nähert; die Hunde dagegen bellen und klaffen die Heerde in die Enge zusammen, und so wagt der Wolf nicht leicht einen An- griff. Wenn daher für den Lappen das Rennthier ist, was für den Bauer der Acker; so ist, was für diesen der Pflug, für den Lappen der Hund. Kömmt er aber nun ermüdet in die Gamme zurück, so wird er auch immer willig sein Rennthierfleisch und seine Suppe mit dem Hunde theilen, aber schwerlich mit Vater oder Bruder. Es ist ein neuer und schöner Anblick, wenn des Abends die Heerde sich des Melkens wegen um die Gam- me versammelt. Auf allen Hügeln bis fern hin ist plötz- lich Alles voll Leben und Bewegung. Die geschäftigen Hunde klaffen überall und bringen die Masse näher und näher; und die Rennthiere springen und laufen, stehen, springen auf’s Neue in unbeschreiblichermannigfaltigkeit der Bewegungen. Wenn das fressende Thier, durch den Hund erschreckt, den Kopf hebt und das grosse stolze Ge- weih nun hoch in die Luft steht, wie schön und wie herr- lich! Und wenn die Gestalt nun über den Boden hin- läuft, wie schwebend und leicht! Man hört nie den Fuss auf dem Boden, sondern nur das ewige Knistern in den Kniekehlen, wie von überschlagenden elektri- schen Funken — ein sonderbares und weit hörbares Geräusch von so vielen Rennthieren zugleich. Und wenn dann alle drei oder vier Hundert endlich die Gamme erreicht haben, sie nun stehen oder ruhen oder vertrau- lich von einem zum andern hinlaufen, die Geweihe gegen einander versuchen oder in Gruppen ein Moosfeld umge-
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