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1. Hohenzollerisches Lesebuch für katholische Volksschulen - S. 152

1900 - Stuttgart : Daser
152 Kuno ließ sich diese Ungerechtigkeit gefallen und zog bald nach dem Tode seines Vaters auf sein Schloß Hirschberg. Nach ein paar Wochen kehrte er jedoch wieder zurück und brachte eine prächtige Sänfte, die von zwei Maultieren getragen wurde, mit sich, um seinen Lehrer, den alten Pater Joseph und seine ehemalige Lebensretterin, die alte Feld- heimerin, damit abzuholen, was die Stiefmutter mit ihren Söhnen sehr lächerlich, jeder andre aber sehr edelmütig und lobenswert fand. Dem guten Kuno machte die Feindschaft seiner Brüder gegen ihn viel Herzeleid, und er versuchte es oft, sich mit ihnen zu versöhnen. So hatte er nahe bei seinem Schlosse einen Weiher voll der köstlichsten Fische. Er bot ihnen an, das Fischrecht mit ihnen zu teilen; sie wollten ihm aber dabei Bedingungen machen, als ob sie die Besitzer des Teiches wären, und die Teilung kam nicht zu stände, was sich Kuuv so zu Herzen nahm, daß er krank wurde. Als die beiden Brüder dies vernahmen, waren sie sehr erfreut und hofften, daß er sterben werde. Sie,gaben sich gegenseitig das Versprechen, alle Kanonen auf ihren Burgen zu lösen, sobald die Todesnachricht zu ihnen gelange; wer aber zuerst schieße, solle das beste Faß Wein aus Kunos Keller haben. Sie stellten beide heimlich Wachen aus, und der „Kleine Schalk" versprach sogar einem Diener Kunos viel Geld, wenn er ihm die Todesnachricht zuerst bringe. Der Diener aber erzählte alles der Feldheimerin, und diese teilte es dem Grafen Kuno mit, der zuerst nicht an diese Nieder- trächtigkeit glauben wollte. Die erbitterte alte Frau gab nun den Rat, das Gerücht ausstreuen zu lassen, daß der Graf am Sterben liege, dann werde er schon sehen, was geschehe. Der Knecht Kunos mußte also nach Schalksberg reiten, um den nahen Tod seines Herrn zu verkünden. Auf dem Wege begegnete er auch dem Wächter Wolfs, dem er zurief, daß sein armer Herr am Sterben sei, worauf der Knecht Wolfs so eilig nach dem Zollern ritt, daß sein Pferd am Tore tot niederstürzte und er nur noch rufen konnte: „Graf Kuno stirbt!" ehe er ohnmächtig wurde. Jetzt donnerten die Kanonen vom Zollern herab, und zu gleicher Zeit vernahm man auch den Schall der Geschütze von Schalksberg, und Wolf sagte lächelnd: „Aha! der „Kleine Schalk" hat also auch einen Spion gehabt!" — Nun ließen beide Brüder ihre Pferde satteln und ritten nach Hirschberg zu. Jeder wollte der erste sein, weil keiner dem andern traute und glaubte, daß er etwas heimlich beiseite bringen könnte. Am Fischteich trafen sie zusammen, und beide mußten vor einander erröten, weil jeder die Gedanken des andern kannte. Als sie aber von da über die Zug- brücke ritten, sah ihr Bruder wohlbehalten zum Fenster heraus, worüber sie sehr erschraken. Er aber rief ihnen voll Zorn und Unmut zu: „Ich habe eure Freudenschüsse wohl gehört! Von nun an sind alle Bande der Verwandtschaft zwischen uns aufgelöst. Ich habe fünf Feldschlangen auf meinem Hofe stehen und sie scharf laden lassen; darum macht, daß ihr fortkommt, oder ihr werdet erfahren, wie man auf Hirschberg schießt!" Die edeln Brüder machten sich schnell aus dem Staube, und eine Stückkugel, die über ihre Köpfe hinsauste, trieb sie zu noch größerer
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