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1. Hohenzollerisches Lesebuch für katholische Volksschulen - S. 262

1900 - Stuttgart : Daser
262 für jede Seite und jedes Buch mußten neue Tafeln geschnitten werden, und so war es denn ein glücklicher Gedanke Guten- bergs, die einzelnen Schriftzeichen in Stäbchen auszuschneiden, mit Fäden zu Zeilen zu verbinden und diese abzudrucken; denn die Stäbchen konnten nach dem Gebrauche wieder aus- einander genommen und zu neuem Drucke benutzt werden. Aber die hölzernen Lettern zersprangen leicht, deshalb wählte Gutenberg bleierne. Im Jahre 1439 wurde die Presse erfunden; aber noch kam kein vollständiges Buch zu stände. Gutenberg war damals in Straßburg, wo er vermutlich bis zum Jahre 1445 blieb. Daher macht auch Straßburg auf die Ehre Anspruch, Mutterstadt der Buchdruckerkunst zu sein. Nach Mainz zurückgekehrt, verband er sich mit Johann Faust (Fust), einem reichen Goldschmied, und Peter Schösser, einem Geistlichen zu Gernsheim, der das sogenannte Letterngut und die Druckerschwärze aus Kienruß und Leinöl erfand. Das erste gedruckte Werk war eine lateinische Übersetzung der Psalmen; es wurde 1457 vollendet. Aber Gutenberg hatte bereits sein ganzes Vermögen der neuen Erfindung zum Opfer gebracht und schuldete an Faust eine beträchtliche Summe. Da er nicht zahlen konnte, nahm Faust seine Druckerei in Beschlag und nötigte dadurch Guten- berg, wieder nach Straßburg zu gehen, von wo er jedoch nach Mainz zurückkehrte und mit geliehnem Gelde eine neue Werk- statt gründete. Das nächste Buch, das Faust und Schösser druckten, war eine lateinische Bibel, die, schon ungleich billiger als die früheren geschriebnen, zuletzt für 30 Gulden verkauft wurde. Als später Mainz bei einer Belagerung in Brand gesteckt ward, verbrannte auch Fausts Werkstätte, und diejenige Gutenbergs geriet ins Stocken. Damals verließen viele Buch- druckergehilfen, die man, um das Geheimnis zu bewahren, bis dahin ängstlich bewacht hatte, Mainz und legten in Augsburg, Nürnberg, in der Schweiz und in Italien Druckereien an. Faust und Schösser eröffneten ihre Werkstatt bald wieder. Gutenberg wurde nach dem Verkauf der seinigen unter die Hofleute des Erzbischofs von Mainz aufgenommen und lebte, wenn auch dürftig, doch sorgenfrei bis an sein Ende (1468). Durch die Erfindung der Buchdruckerkunst wurde die Verbreitung der Bücher ungemein befördert, und wissenschaft- liches Streben und geistige Bildung zu einer bisher ungeahnten Höhe erhoben. Die Buchdruckerkunst ward gleichsam das Tor, durch welches Bildung und Aufklärung sich schnell nach allen Gegenden verbreitete. Alles Große und Schöne, das einzelne Männer gedacht und erfunden hatten, konnte durch sie in kurzer Zeit zu einem bleibenden Gemeingute aller Völker der Erde werden.
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