1900 -
Stuttgart
: Daser
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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für jede Seite und jedes Buch mußten neue Tafeln geschnitten
werden, und so war es denn ein glücklicher Gedanke Guten-
bergs, die einzelnen Schriftzeichen in Stäbchen auszuschneiden,
mit Fäden zu Zeilen zu verbinden und diese abzudrucken;
denn die Stäbchen konnten nach dem Gebrauche wieder aus-
einander genommen und zu neuem Drucke benutzt werden.
Aber die hölzernen Lettern zersprangen leicht, deshalb wählte
Gutenberg bleierne. Im Jahre 1439 wurde die Presse erfunden;
aber noch kam kein vollständiges Buch zu stände.
Gutenberg war damals in Straßburg, wo er vermutlich bis
zum Jahre 1445 blieb. Daher macht auch Straßburg auf die
Ehre Anspruch, Mutterstadt der Buchdruckerkunst zu sein.
Nach Mainz zurückgekehrt, verband er sich mit Johann Faust
(Fust), einem reichen Goldschmied, und Peter Schösser, einem
Geistlichen zu Gernsheim, der das sogenannte Letterngut und
die Druckerschwärze aus Kienruß und Leinöl erfand. Das
erste gedruckte Werk war eine lateinische Übersetzung der
Psalmen; es wurde 1457 vollendet.
Aber Gutenberg hatte bereits sein ganzes Vermögen der
neuen Erfindung zum Opfer gebracht und schuldete an Faust
eine beträchtliche Summe. Da er nicht zahlen konnte, nahm
Faust seine Druckerei in Beschlag und nötigte dadurch Guten-
berg, wieder nach Straßburg zu gehen, von wo er jedoch nach
Mainz zurückkehrte und mit geliehnem Gelde eine neue Werk-
statt gründete. Das nächste Buch, das Faust und Schösser
druckten, war eine lateinische Bibel, die, schon ungleich billiger
als die früheren geschriebnen, zuletzt für 30 Gulden verkauft
wurde.
Als später Mainz bei einer Belagerung in Brand gesteckt
ward, verbrannte auch Fausts Werkstätte, und diejenige
Gutenbergs geriet ins Stocken. Damals verließen viele Buch-
druckergehilfen, die man, um das Geheimnis zu bewahren, bis
dahin ängstlich bewacht hatte, Mainz und legten in Augsburg,
Nürnberg, in der Schweiz und in Italien Druckereien an. Faust
und Schösser eröffneten ihre Werkstatt bald wieder. Gutenberg
wurde nach dem Verkauf der seinigen unter die Hofleute des
Erzbischofs von Mainz aufgenommen und lebte, wenn auch
dürftig, doch sorgenfrei bis an sein Ende (1468).
Durch die Erfindung der Buchdruckerkunst wurde die
Verbreitung der Bücher ungemein befördert, und wissenschaft-
liches Streben und geistige Bildung zu einer bisher ungeahnten
Höhe erhoben. Die Buchdruckerkunst ward gleichsam das
Tor, durch welches Bildung und Aufklärung sich schnell nach
allen Gegenden verbreitete. Alles Große und Schöne, das
einzelne Männer gedacht und erfunden hatten, konnte durch
sie in kurzer Zeit zu einem bleibenden Gemeingute aller Völker
der Erde werden.