1900 -
Stuttgart
: Daser
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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einander gesprengt, und die Unordnung war unaussprechlich. Die
kaiserlichen Kürassiere stellten sich in Schlachtordnung, allein die
preußischen Kanonen brachten sie bald auseinander, worauf die
preußische Kavallerie auf sie fiel und sie gänzlich aus dem Felde
schlug. Viele Tausend von den kaiserlichen Truppen konnten zu
keinem Schuß kommen, sie mußten mit dem Strom fort. Der
stärkste Widerstand geschah in dem Dorfe Leuthen, das mit vielen
kaiserlichen Truppen und Artillerie besetzt war. Hiezu kamen große
Haufen Flüchtlinge, die alle Häuser, alle Gärten und alle Winkel
des Orts anfüllten, und sich verzweifelt wehrten. Endlich aber
mußten sie doch weichen. So erschrecklich aber auch die Unordnung
bei der geschlagnen Armee war, so versuchten dennoch ihre besten
Truppen noch einmal standzuhalten; allein die preußische Artillerie
schlug sie bald in die Flucht, und die preußische Kavallerie, die auf
allen Flügeln einhieb, machte immer Gefangene zu Tausenden.
Nur die einbrechende Nacht rettete den Rest des Heeres vom gänz-
lichen Untergange. Man machte auf dem Schlachtfelde 20 000 Ge-
fangene, worunter 300 Offiziere waren, und eroberte 134 Kanonen
nebst 59 Fahnen. Von den Österreichern waren 6500 tot oder-
verwundet, und 6000 gingen nach der Schlacht zu den Siegern
über. Der preußische Verlust war 2660 Tote und Verwundete.
Zu der Geschichte dieses Tages gehören einige Züge, die die
Stimmung der Preußen bezeichnen, und dem von allen Völkern
und Zungen bewunderten Heldengeist der Griechen und Römer-
nichts nachgeben. Der General Graf Kreit stieß auf einen preußischen
Grenadier, dem beide Füße abgeschossen waren, der auf der Erde
lag, und so in seinem Blute schwimmend ganz gelassen Tabak
rauchte. Der erstaunte General rief ihm zu: „Kriegskamerad! wie
ist es möglich, daß Ihr in Eurem schrecklichen Zustande noch ruhig
Tabak rauchen könnt? Der Tod ist Euch ja nahe!" Der Grenadier-
nahm seine Pfeife aus dem Munde und erwiderte kaltblütig: „Was
ist daran gelegen! skerb' ich doch für meinen König!" Einem andern
preußischen Grenadier wurde beim Aufmarsch ein Bein abgeschossen.
Er raffte sich von der Erde auf, stützte sich auf sein Gewehr wie
auf eine Krücke, und so schleppte er sich zu einem Standplatz, wo
die Truppen vorbei mußten, von wo er mit lauter Stimme den
Soldaten zurief: „Brüder! fechtet wie brave Preußen! Siegt, oder
sterbt für euren König!"