1914 -
Karlsruhe i.B.
: Braun
- Autor: Eichrodt, Hellmut, Walter, M., Lauer, K., Fritz, Otto, Ruska, J., Rebmann, E., Ruska, J., Eichrodt, O., Ischler, Otto
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfs- und Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
14
großen Wald und einen schönen Stall voll Vieh sein eigen nennt, gilt als wohl-
habender Mann. Über ein Viertel der Obersläche des Schwarzwaldes ist
Wiesen- und Weideland. Im Sommer treibt man das Vieh auf die Weidefelder;
das sind die waldlosen, breiten Rücken oberhalb der menschlichen Ansiedlungen,
die mit Gras, würzigen Kräutern und Heidekraut überzogen sind. Da sich das
Vieh in der warmen Jahreszeit viel im Freien aufhalten kann, gedeiht es weit
besser, als wenn es das ganze Jahr über im Stalle gepflegt wird. Heu und Öhmd
für den langen Winter erntet der Bauer von den wohlbewässerten Wiesen an
den Abhängen und in den Talgriinden. Wo die Viehzucht den Hauptzweig der
Landwirtschaft bildet, braucht der Landmann viel mehr Grund und Boden, um
sich zu ernähren, als z. B. in der fruchtbaren Rheinebene. Daher wohnt die bäuer-
liche Bevölkerung in manchen Teilen des Schwarzwaldes weit zerstreut in einzel-
nen Höfen.
Das Schwarzwaldhaus liegt meist an einer sanft ansteigenden sonnigen Halde
und patzt sich ganz der Landschaft, der Witterung und der Beschäftigung feiner Be-
wohner an. Da das Land oft monatelang mit tiefem Schnee bedeckt ist, drängen
sich Mensch und Tier unter einem schützenden Dach zusammen. Auf einem niederen
Steinsockel erhebt sich der Bau, aus festen Tannenblöcken zusammengefügt.
Alles schützend wird das gewaltige Dach darüber gedeckt, und damit es unter der
großen Schneelast nicht leidet, ist es steil, weit vorspringend und so dicht als möglich.
Wohnräume und Ställe sind durch einen Gang getrennt. Der Hauptwohnraum ist die
große Stube, die an den beiden äußeren Seiten durch eine fortlaufende Reihe niederer
Fenster mit kleinen Scheiben erhellt wird. Die Ecke zwischen den beiden Fensterreihen
heißt Herrgottswinkel, nach dem dort aufgehängten Kruzifix. Dort steht auch der große
Tisch, und an der getäfelten Wand ziehen feste Bänke hin. Den innern Winkel der
Stube nimmt der Kachelofen ein, der von der nebenanliegenden Küche aus ge-
heizt wird. Um ihn läuft die Ofenbank, auf der es sich im Winter oder bei kühlem Wet-
ter gar behaglich ruhen läßt. Vor den Fenstern laufen oft schön geschnitzte Galerien
oder Lauben hin, die mit feurig blühenden Geranien und Fuchsien geschmückt
sind. Bevor der Rauch aus der Küche durch den mächtigen Kamin das Haus verläßt,
macht er Schinken, Speck und Würste des Bauern haltbar. Auf der andern Seite
des Hausgangs sind die Ställe und Futtergänge. Mit Stolz zeigt der Schwarz-
wälder seinen Gastfreunden das wohlgepflegte Vieh. Der Raum über der Wohnung und
dem Stalle wird von der mächtigen Dachhalle ausgefüllt, die als Einfahrtsraum, Tenne
und Scheuer dient. Da das Haus sich gewöhnlich mit der Schmalseite an die Berghalde
anlehnt, senkt sich das Dach hier bis auf den Boden. Es wird von einer Brücke oder
Rampe durchbrochen, über welche durch ein Tor die Erntewagen hineinfahren können.
Der Dachraum ist so geräumig, daß mehrere Wagen darin Platz haben, was bei den oft
plötzlich eintretenden Gewitterstürmen im Gebirge wichtig ist. Gedeckt ist das Dach
meistens mit Schindeln oder Stroh, die schlechte Wärmeleiter sind.
Täler und Siedlungen. Auf die waldbedeckten Höhen des Schwarzwalds fällt
viel mehr Regen herab, als auf die Rheinebene. Die harten Gesteine lassen das
Wasser nicht durch, und so brechen allenthalben Quellen hervor und sammeln sich
zu Bächen und Fliissen. In den weiten wiesenreichen Gründen der Brigach, Breg
und oberen Wutach fließt das Wasser mit geringem Gefäll nach Osten, während
die südwärts und westwärts abfließenden Gewässer in reißendem Lauf dem tief-
liegenden Rheintal zueilen und sich durch die Kraft des Wassers vielfach enge,
schluchtenartige Täler aus dem Gestein ausgewaschen haben.
Das Hauptquellgebiet des südlichen. Schwarzwalds ist der Feldberg. Nach
allen Seiten rmnen von ihm wasserreiche Bäche zu Tal. Auch von unseren
schmucken Gebirgsseen (welche?) gehören einige dem Abflußgebiet des Feld-
bergs an. Nach Osten öffnet sich das Tal der Wutach. Als Seebach entfließt
sie dem einsamen Feldsee, durchströmt den Titisee und bricht sich dann in einer