1914 -
Karlsruhe i.B.
: Braun
- Autor: Fritz, Trude, Ischler, Otto, Eichrodt, Hellmut, Rebmann, E., Ruska, J., Eichrodt, O., Fritz, Otto, Skarphagen, Hans, Ruska, J., Walter, M., Lauer, K.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfs- und Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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und mit ihm der größte Teil seines Volkes. Fränkische Grasen iiberwachten fort-
an die Ordnung und Sicherheit des Landes. Im Sachsenvolke aber blieb der
Haß gegen die fränkischen Sieger noch Jahrhunderte lang lebendig.
Die Marken. Noch war es bei manchen umwohnenden Heidenvölkern Sitte,
zur Erntezeit in das deutsche Land einzufallen, die Dörfer zu verwüsten und die
Bewohner samt ihrer Habe fortzuführen. Unermüdlich zog Karl gegen die
Friedensstörer zu Felde, um sie zu strafen und die Grenzen vor ihren räuberischen
Überfällen zu schützen. So besiegte er nach einander die Dänen im Norden, die
Slaven östlich der Elbe und die Avaren in Ungarn; selbst in Spanien kam er
den kleinen christlichen Völkern gegen die mohammedanischen Mauren zu Hilfe
und trieb diese bis zum Ebro zurück. — Die unterworfenen Grenzlande nannte
man Marken. Über sie fetzte der König Markgrafen, welche die Pflicht
hatten, die Grenzen gegen feindliche Angriffe zu verteidigen. So entstand die
Spanische Mark, die Sorbische Mark zwischen der Saale und mittleren Elbe
und die Ostmark an der Donau (später Österreich). In Italien hatte schon
Karls Vater Pipin die fränkische Herrschaft aufgerichtet.
Die Verwaltung des Reiches. Das Reich war in G a u e eingeteilt, welche von
königlichen Beamten, Gaugrafen, verwaltet wurden. Diese mußten über
sedes Unrecht, das geschah, Gericht halten. Dabei standen ihnen angesehene
Männer aus dem Volke zur Seite und halfen, das rechte Urteil finden; man
nannte sie Schöffen. Karl verlangte von den Richtern strenge Gerechtigkeit
gegen jedermann; besonders machte er ihnen den Schutz der Armen und Waisen
zur Pflicht. — Besondere Minister, Königsboten genannt, bereisten all-
jährlich das ganze Reich. Vor ihnen konnte jedermann erscheinen, der glaubte,
es sei ihm von dem Gaugrafen ein Unrecht angetan worden, um seine Klagen
vorzubringen. — Drohte der Ausbruch eines Krieges, so rief auf des Königs
Befehl der Gaugraf alle wehrfähigen Männer zu den Waffen und führte sie
dem Heere zu; man nannte das die Aufbietung des Heerbannes. — Im
Sommer jedes Jahres versammelte Karl die Grafen und Bischöfe mit ihrem Ge-
folge, um Heerschau zu halten und kiinftige Regierungsgeschäfte zu beraten.
Karl in Italien. In Italien hatten die von Karls Vater Pipin unterworfenen
Langobarden sich wieder selbständig gemacht. Ihr König Defiderius er-
strebte die Oberherrschaft über ganz Italien und bedrängte den Papst in Rom,
der sich seiner Herrschaft nicht fügen wollte. Der Papst wandte sich um Hilfe
bittend an König Karl. In raschem Zug überschritt Karl die Alpen. Er nahm
Defiderius in seiner Hauptstadt Pavia gefangen und fetzte sich selbst die lombar-
dische Königskrone aufs Haupt. Der Kirchen st aat, den einst Pipin dem
Papst geschenkt hatte (das Gebiet um Ravenna und Rom), wurde dem Papste zu-
rückgegeben, aber zugleich unter den Schutz des Frankenkönigs gestellt.
Karl war nun der mächtigste Fürst in Europa. Sein Reich erstreckte sich von
der Eider bis zum Ebro und Tiber, vom Atlantischen Meer bis nach Ungarn
hinein. Alles Volk sah in ihm den Schirmherrn des Friedens und den Beschützer
der christlichen Kirche. Als er zum Weihnachtsfest des Jahres 800 in Rom weilte,
setzte ihm Papst Leo Iii. unter dem Jubel des anwesenden Volkes die r ö m i s ch e
Kaiserkrone aufs Haupt. So entstand für das alte Deutsche Reich der Name:
„Heiliges Römisches Reich deutscher Nation". (Abb. S. 191.)
Im Jahre 814 starb Kaiser Karl zu Aachen und wurde im Dom daselbst
beigesetzt. Die Nachkommen aus seinem Geschlecht heißen nach ihrem großen
Ahnherrn die Karolinger.