1914 -
Karlsruhe i.B.
: Braun
- Autor: Fritz, Trude, Ischler, Otto, Eichrodt, Hellmut, Rebmann, E., Ruska, J., Eichrodt, O., Fritz, Otto, Skarphagen, Hans, Ruska, J., Walter, M., Lauer, K.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfs- und Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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— Das deutsche Volk aber redete mit Bewunderung von dem Manne, der, ob-
gleich nur Fürst eines mäßigen Landes, den gefürchteten Franzosen und Schwe-
den siegreich getrotzt hatte, und noch heute nennt man ihn den G r o ß e n K u r -
s ü r st e n.
? 41. Die ersten Prentzenkönige.
Die Achtung, welche inan dem Großen Kurfürsten zollte, ermöglichte es sei-
nem Sohne Friedrich, die Würde eines Königs anzunehmen. Im Dom zu
Königsberg setzte er sich am 18. Janilar 1701 die Krone aufs Haupt und nannte
sich König von Preußen. Friedrich I. war ein prachtliebender und ver-
schwenderischer Fiirst. Zur Zeit des Großen Kurfürsten besaß Brandenburg
einen Teil von Schlesien. Friedrich aber hatte sich als junger Kurprinz ohne
Wissen des Vaters verpflichtet, das Gebiet gegen eine Geldzahlung später an
Österreich zu überlassen; diese Abtretung führte er nun wirklich aus. (Ursache
zum späteren Siebenjährigen Krieg.)
Es war ein Glück für den preußischen Staat, daß in Friedrichs Nachfolger
Friedrich Wilhelm I. nicht nur der Name, sondern auch der stramme sol-
datische Geist des Großen Kurfiirsten wieder auflebte. Wegen seiner Vorliebe
fiir das Heer nennt man Friedrich Wilhelm den)Hs o l d a t e n k ö n i g. Seine
erste Regierungshandlung bestand darin, die vielen unnötigen Hofbeamten seines
Vaters zu entlassen, zahlreiche Prunkwagen und Pferde (die sog. Staatskarossen)
zu verkaufen und mit dem Geld die während der letzten Regierungszeit entstan-
denen Schulden zu bezahlen. Dann nahm er eine genaue Priifung aller Ämter und
Staatskassen vor, und wo er fand, daß jemand sich selbst auf Kosten des Staates
bereichert hatte, da wurde der untreue Beamte mit Vermögenseinziehung und
Gefängnis, manchmal sogar mit dem Tode, bestraft. In Preußen solle es nicht
heißen: die kleinen Diebe hängt man, und die großen läßt man laufen. Der
König selbst gab das Beispiel gewissenhafter Pflichttreue. Vom frühen Morgen
an widmete er sich den ganzen Tag hindurch den Regierungsgeschüften. Dabei
lebte er einfach und sparsam wie ein Bürgersmann.
In das Heer stellte er besonders gern große Leute ein, die sogenannten „lan-
gen Kerle", die er mit vielen Geldopfern allenthalben zu werben suchte. Er bildete
aus ihnen ein besonderes Regiment, die Potsdamer Riesengarde. Die Disziplin
im Heere war furchtbar streng. Während des Exerzierens wurden die Soldaten
oft mit Stockpriigeln mißhandelt, kleine Vergehen wurden mit strengem Arrest
bei Wasser und Brot bestraft; auf schwerere Verbrechen und auf Desertion (Fah-
nenflucht) stand das schreckliche Spießrutenlaufen, das oft bis zum Zusammen-
brechen des Gemarterten fortgesetzt wurde.
Gleich dem Großen Kurfiirsten vertrieb Friedrich Wilhelm die Schweden
aus Vorpommern itnb zwang den schwedischen König zur endgültigen Ab-
tretung des Landes. Dem Könige von Polen und dem Kurfürsten von der
Pfalz drohte er mit Gewalt, als diese in ihren Ländern heftige Religionsver-
folgungen duldeten. (Dhorner Blutbad.) Aus dem Salzburger Land muß-
ten damals viel tausend Bürger und Bauern der Religion wegen auswandern,
Friedrich Wilhelln nahm sie gerne auf und wies ihnen in Ostpreußen Land zur
Besiedelung an. — Als in jener Zeit ein Einfall der Franzosen auf deutsches Ge-
biet drohte, war Friedrich Wilhelm sofort entschlosseu, für deutsche Ehre das
Schwert zu ziehen. Er sagte das mit den kernigen Worten: „Wenn die Frau-