1914 -
Karlsruhe i.B.
: Braun
- Autor: Fritz, Trude, Ischler, Otto, Eichrodt, Hellmut, Rebmann, E., Ruska, J., Eichrodt, O., Fritz, Otto, Skarphagen, Hans, Ruska, J., Walter, M., Lauer, K.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfs- und Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Tiefe Zustünde galten am Anfang des Xix. Jahrhunderts nicht mehr für
gerecht. Großherzog Karl bestimmte i. I. 1818 in einem besonderen Gesetz die
neuen Rechte und Pflichten des Staates und seiner Bürger. Ein solches Gesetz
nennt man eine Verfassung. Die Hauptsätze der heute gütigen Verfassung
sind folgende:
Der badische Staat ist unteilbar und unveräußerlich.
Vor dem Gesetze sind alle Badener gleich; sie genießen den gleichen Schutz durch
Polizei und Gerichte, sie haben dem Staat gegenüber die gleichen Pflichten zu
erfüllen. Jeder Staatsbürger hat das Recht, Wohnsitz, Beruf und Religions-
bekenntnis frei zil wählen. Schulen und staatliche Ämter stehen allen Badenern
in gleicher Weise offen.
Das Oberhaupt des badischen Staates ist der G r o ß h e r z o g. Ihm zur
toeite stehen als oberste Berater die Minister; sie bilden zusammen die Regie-
rung des Landes. Der Sitz der Regierung ist Karlsruhe.
Das badische Volk hat das Recht, die Gesetze mitzuberaten. Das geschieht
durch den Landtag, welcher aus Vertretern des ganzen Volkes besteht. Sie
halten ihre Beratungen in zwei getrennten Gruppen ab; man nennt sie die
Erste und Zweite Kammer.
Zur E r st e n K a m m c r gehören die volljährigen Prinzen des großherzog-
lichen Hauses, — die ehemals reichsunmittelbaren Standesherren, — 8 Abgeord-
nete des grundherrlichen Adels, — ferner der Erzbischof von Freiburg und der
evangelische Prälat, — je 1 Vertreter der drei Hochschulen, — endlich 18 weitere
Mitglieder, welche teils vom Großherzog ernannt, teils zur Vertretung der
großen Städte, des Handels, der Landwirtschaft und des Gewerbestandes ge-
wählt werden*.
Um die Z w e i t e K a m tner zu bilden, wählt das Volk alle 4 Jahre 73 Ab-
geordnete. Wählen darf jeder unbescholtene Mann im Alter über 25 Jahren; wähl-
bar ist jeder Staatsbürger, der das 30. Lebensjahr vollendet hat und die
bürgerlichen Ehrenrechte besitzt (d. h. nicht unter schwerer gerichtlicher Strafe
steht.) Man nennt die beiden Kammern auch die Landstände.
66. Die Zeit des Groszherzogs Leopold.
Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts regierte in Baden Grotzherzog
Leopold, ein jüngerer Sohn Karl Friedrichs. Er war in allen menschlichen
Tugenden das Ebenbild seines Vaters. Seine ganze Sorge galt dem Wohle des
Volkes. Dennoch ist unter diesem gütigen Fürsten i. I. 1848 eine Empörung aus-
gebrochen, die nur mit Waffengewalt unterdrückt werden konnte. Aufgeregt durch
eine damals in Frankreich herrschende Revolution hatten auch in Baden republi-
kanisch gesinnte Männer wie Hecker nnb Struve das Volk zu den Waffen gerufen,
um die Monarchie zu stürzen und eine Republik aufzurichten. Die Empörung
wurde im folgenden Jahre durch das Einschreiten preußischer Truppen völlig
unterdrückt und die Ordnung wieder hergestellt. (Siehe Seite 262.)
Tic Eisenbahn in Baden. Um das Jahr 1830 hatte der Engländer Ste -
phenson die von Watt erfundene Dampfmaschine zur Lokomotive umgestaltet;
* 3 Vertreter des Handels, 2 der Landwirtschaft, 1 des Handwerks, 2 Oberbürger-
ineister, 1 Bürgermeister der mittleren Städte, 1 Mitglied des Kreisausschusses, 8 wei-
tere vom Grotzherzog ernannte Männer.