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1. Schul-Lesebuch - S. 409

1873 - Berlin : Stubenrauch
409 da er in sein vierzehntes Jahr ging, hat ihn sein Vater gen Magdeburg in die Schule gesandt, welche damals vor vielen andern weit berühmt war. Daselbst ist Martin, wie manches ehrlichen und wohlhabenden Mannes Kind, nach Brot gegangen und hat vor den Bürgerhäusern gesungen. Was groß soll werden, muß klein angehen; wenn die Kinder zärtlich und herrlich erzogen werden, schadet es ihnen ihr Leben lang. Im folgenden Jahr hat Martin, auf Befehl seiner Eltern, sich nach Eisenach begeben, wo er seiner Mutter Freundschaft hatte. Als er daselbst auch eine Zeit lang vor den Thüren sein Brot ersang, nahm ihn eine fromme Frau zu sich an ihren Tisch, die- weil sie um seines Singens und herzlichen Gebetes willen ihn lieb gewonnen hatte. Im Jahre 1501 sandten ihn seine Eltern gen Erfurt auf die hohe Schule. Hier begann er, mit großem Ernste und beson- derem Fleiße zu studiren. Ob er wohl von Natur ein hurtiger und fröhlicher Gesell war, fing er doch alle Morgen sein Lernen mit herzlichem Gebete an; wie denn dies sein Sprüchlein gewesen ist: Fleißig gebetet ist über die Hälfte studirt. Dabei ver- säumte er keine Lektion, fragte gern seine Lehrer und besprach sich in Ehrerbietung mit ihnen. Einstmals, da er in der Büchersammlung der hohen Schule sich die Bücher nach einander besieht, daß er die guten kennen lerne, kommt er über die lateinische Bibel, die er zuvor nie gese- hen. Da vermerkt er mit großem Verwundern, daß viel mehr Texte, Episteln und Evangelien darin wären, denn man in Po- stillen und auf den Kanzeln pstegte auszulegen. Wie er im alten Testamente sich umsieht, kommt er über Samuels und seiner Mutter Hanna Historien; die durchlieft er eilends mit herzlicher Lust. Und weil ihm das Alles neu war, sängt er an, von Grund feines Herzens zu wünschen, Gott wolle ihm dermaleinst auch ein solches Buch bescheeren; welcher Wunsch ihm reichlich ist gewährt worden. Im Anfange des Jahres 1505 ward Martin Luther Magister zu Erfurt. Am Ende des Jahres, da ihm ein guter Geselle (Alexius) erstochen ward, und ein großes Wetter und heftiger Donnerschlag ihn hart erschreckte, und er sich ernstlich vor Gottes Zorn und dem jüngsten Gerichte entsetzte, beschloß er bei sich selbst, ins Kloster zu gehen, allda Gott zu dienen und die ewige Seligkeit zu erwerben. Darum wurde er ein Augustiner-Mönch zu Erfurt. Die Klosterleute hielten den Luther hart und legten ihm viel aus. Er mußte Kirchner sein, gemeine Hausarbeit verrichten, ja mit dem Bettelsack umherwandern. Sobald ^r aber Zeit hatte, studirte er besonders fleißig in seiner lateinischen Bibel. Wenn ihn die Mönche dabei fanden, so murrten sie und sprachen: „Nicht
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