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1. Deutsches Lesebuch für Mittel- und Oberklassen der Volksschulen - S. 94

1914 - Nürnberg : Korn
94 tausend Bienen fliegen um köstlichen Honig zu saugen, welche die ganze Gegend durchwürzen, sind sie nicht ein Bild des deutschen Geistes mit seinem Dufte, der die Weit erfüllt? Allgemeine deutsche Sagen von Bedeutung gibt es nicht von der Linde, dagegen viele örtliche. — Blutlinden, Femlinden, Geisterlinden, Gerichtslinden u. s. w. gibt es viele. Noch häufiger sind die heiligen Linden, indem es sehr gebräuchlich war die Linden als Bildstöcke für Marien- und Heiligenbilder zu benutzen. Mehrere Orte haben von solchen Linden ihren Namen erhalten, z. B. Heiligenlinde in Ostpreußen, wo, wie man sagt, alle Bäume der Gegend sich nach der Linde und dem dort gegründeten Kloster hinneigten. Noch mehr als ein Sagen bäum ist die Linde ein Ge- denkbaum. Unsere Vorfahren pflanzten Linden, um ein merkwürdiges oder freudiges Ereignis zu bezeichnen wie noch jetzt, obschon in neuerer Zeit von den Gebildeteren die Eiche bevorzugt wird. Obwohl nun die Eiche ein noch dauernderes Denkmal bildet, so erreichten doch die Linden- pflanzungen ihren Zweck sicherer und schneller. Die Linde wächst während eines Menschenalters zu einem ansehn- lichen Baume heran, so daß die Erinnerung noch dasteht, wenn derselbe schon groß ist, daher weniger leicht ver- gessen wird. Dagegen wächst die Eiche so langsam, daß man häufig schon vergessen hat, warum sie gepflanzt wurde, ehe sie ein Ansehen erhält. Dazu kommt, daß die Linde an bewohnten Plätzen vortrefflich gedeiht, während die Eiche bei den Wohnungen der Menschen ein Fremdling bleibt, der nicht an seinem Platz ist, weil er in den freien, einsamen Wald gehört. Linden, an welche sich wichtige Ereignisse knüpfen, gibt es und gab es viele, besonders in der Schweiz; so die Linde in Altdorf, welche den Tell- schuß sah, — die zum Andenken an die Murtner Schlacht gepflanzte Linde in Freiburg, worunter jetzt noch das so- genannte Lindengericht an Markttagen abgehalten wird, — ferner die Linde an der Stelle, wo das berühmte Beinhaus bei Murten stand, welches 1798 von den Franzosen zerstört wurde. Geringere Veranlassungen zum Pflanzen von Linden kommen fast in jeder Stadt vor. Auf den Dörfern werden noch immer Erinnerungslinden gepflanzt, während die Städte nach Denkmälern von Erz und Stein trachten. Man kann sagen, die Linde sei ein Baum der Ortschronik.
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