1914 -
Nürnberg
: Korn
- Auflagennummer (WdK): 25
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Leben dienliche Stoffe in sich aufnimmt und mit der aus-
geatmeten Luft das Untaugliche von sich stößt. Dadurch
eben verwandelt es sich wieder zu hellrotem Blute und
fließt als solches durch die wieder zusammentretenden und
allmählich größer werdenden Lungenblutadern zur linken
Vorkammer des Herzens, von da in die linke Herzkammer
und ist jetzt wieder bei der großen Körperpulsader an-
gelangt, von welcher diese Beschreibung ausging.
Aus dem Nürnberger Lesebach.
191. Der Tiger.
Der Tiger steht neben dem Löwen an Stärke und Schnellig-
keit der Glieder, über ihm an List, tief unter ihm an Mut.
Mordgier und Tücke sind gleichsam verkörpert in diesem Tiere,
welches die Katze in ihrer furchtbarsten Ausbildung darstellt.
Sein Körper ist, den Schweif eingerechnet, 2,3 m lang, bräunlich-
gelb mit schwarzen Streifen, sein Kopf klein und rund; seine
Augen sind groß und glühend. Seine Gelenkigkeit übertrifft alles;
springt er, so rollt er sich zu einem Knäuel zusammen, schießt
kugelschnell empor und reißt mitten aus einer Schar Bewaffneter
den Reiter vom Roß, ihn in großen Sätzen dem nahen Wald
zutragend. Die ganze funkelnde Pracht dieses Tieres wird in
seinem Laufe sichtbar; da wird jede Bewegung zur Welle. Sein
meist geradeaus gerichteter Gang dagegen ist lauernd und schlep-
pend; die Majestät, welche den Löwenschritt bezeichnet, fehlt ihm
durchaus. Die Vorderfüße treten enger zusammen; die Hinter-
füße aber, die seinem Sprunge eine so ungeheure Schnellkraft
geben, schreiten ungeschickt und mit breiter Spur. — Der Tiger
bewohnt Ostindien und besonders die waldigen Inseln jenes
Archipels. Seine Blutgier und seine Stärke machen ihn zu einer
Geißel der Länder; oft sind ganze Dörfer durch ihn entvölkert
worden. Es scheint, daß er den Menschen ganz vorzüglich nach-
stelle und unter ihnen dem Farbigen mehr als dem Weißen.
Verfehlt er seine Beute im ersten Änsprung, so läßt er von ihr
ab. Dies benutzen die javanischen Frauen, welche die Reisfelder
bepflanzen, indem sie sich mit einem hohen, starken Korbgeflechte
wie mit einer Schanze decken. Der Tiger wirft sich wutgierig
auf den Korb, prallt ab und wendet sich getäuscht und erschreckt
zur Flucht. Allnächtlich umkreisen Scharen dieser Tiere die
Dörfer. Aber ein mächtiger Zaun von Bambus und ein Verhau
aus tief in die Erde getriebenen Palisaden wehrt meist ihrem
Angriff. Mit scharfer, verkohlter Spitze ragen diese Pfähle über