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1. Deutsches Lesebuch für Mittel- und Oberklassen der Volksschulen - S. 301

1914 - Nürnberg : Korn
301 t 244. Kaiser Ludwig mh der fromme Schweppermann. Der deutsche Kaiser Ludwig hatte eine große, entscheidende Schlacht gewonnen. Er selbst hatte als tapferer Ritter mitgefoch- ten und manchen blutigen Hieb geführt; aber die Anführung des Heeres hatte er klüglicherweise nicht selbst übernommen, son- dern einem kriegserfahrenen, alten Ritter namens Schwepper- mann überlassen. Die vorsichtigen Anordnungen dieses Anfüh- rers waren es denn auch, wodurch die hartnäckige Schlacht zu- gunsten Ludwigs entschieden worden war. Als nun am Abend die Feinde gänzlich das Feld geräumt hatten und man für dir Verwundeten gesorgt und die Gefangenen untergebracht hatte, da begannen die siegreichen Ritter samt dem Kaiser zu fühlen, daß sie den ganzen Tag gekämpft, aber nichts gegessen und getrunken hatten. Aber da war guter Rat teuer. Alle umliegenden Dörfer waren längst geplündert, wo nicht gar abgebrannt, und die Diener des Kaisers liefen lange vergebens umher, bis endlich einer mit einem Korbe voll Eier zurückkam, welchen er seinem Herrn Zu Füßen stellte. „Ist das alles?" fragte Ludwig. — „Alles, Ew. Majestät, was wir auf weit und breit haben finden können." — „Nun," sagte lächelnd der Kaiser, „dann müssen wir gewissenhaft teilen, damit keiner von den braven Rittern hier ganz hungrig schlafen gehen muß. Ihr Herren," fuhr er fort, „tretet in den Kreis, damit jeder seinen Anteil empfange!" Nun zählte er selbst die Eier und fand, daß nur eins mehr war als Ritter umherstandcn. „Gott segne uns das wenige, was er uns beschert hat!" rief er, indem er selbst ein Ei nahm, und zu seinem Diener sich wendend: „Jetzt teile du aus! Jedem ein Ei, dem frommen Schweppermann zwei!" Dem alten Krieger gingen die Augen über, als er sah, wie er von seinem Kaiser geehrt wurde. Zwar bat er mit noch vielen anderen Rittern, der Kaiser möge doch erst besser für sich sorgen, sie würden schon noch etwas finden; aber Ludwig beharrte bei seinem Ausspruche. „Ich habe nicht mehr getan," sagte er, „als ein jeder brave Ritter; aber der Schweppermann hat mehr getan als ein Dutzend von uns; ihm gebührt die Ehre!" Noch jetzt nach 500 Jahren liest man des Kaisers Worte: „Jedem ein Ei, dem . frommen Schweppermann zwei!" auf dem Grabsteine des letzteren. (lutwaa.
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