1914 -
Nürnberg
: Korn
- Auflagennummer (WdK): 25
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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sches Heer unter dem Befehl des Marschalls Duras fiel
in die Pfalz und einige benachbarte Fürstentümer ein. Es
war vorauszusehen, daß Frankreich bald auf allen Seiten
angegriffen sein würde, und daß Duras sich nicht lange im
Besitze derjenigen Provinzen würde behaupten können,
welche er überrascht und überzogen hatte. Da gab der
„allerchristlichste König“ auf den Rat seines Kriegsministers
Louvois den eben so furchtbaren als unmenschlichen Befehl
die Pfalz und alle Lande am Rhein in eine Wüste zu
verwandeln, damit sie den vordringenden deutschen
Heeren keinen Anhalt bieten könnten.
Der französische Befehlshaber verkündete fast einer
halben Million Menschen, daß er ihnen drei Tage Zeit lasse,
und daß sie nach Ablauf derselben ihrem Schicksal über-
lassen sein würden. Bald schwärzten sich die Straßen und
Felder, welche damals im tiefen Schnee lagen, mit zahl-
losen Haufen von Männern, Weibern und Kindern, welche
von ihrem Herde flohen. Viele starben vor Kälte und
Hunger; aber genug von ihnen blieben am Leben um fast
alle Städte Europas mit abgemagerten und schmutzigen
Bettlern zu füllen, welche einst als Landwirte und Kauf-
leute ein blühendes Gewerbe gehabt hatten.
Mittlerweile begann das Werk der Zerstörung. General
Melac vollführte es von Heidelberg aus mit hunnischer
Grausamkeit. Sein Name ist dafür aber auch in der Ge-
schichte gebrandmarkt und mit Fluch beladen. —Aus jedem
Marktplatze, jedem Weiler, jeder Pfarrkirche, jedem Land-
sitze in den dem Untergange geweihten Provinzen schlugen
die Flammen empor. Die mit Korn bestellten Äcker wurden
umgepflügt, die Obstgärten niedergehauen; die fruchtbaren
Ebenen um den Ort, wo einst Frankenthal gelegen, ge-
währten keine Aussicht auf eine Ernte. Kein Weinstock,
kein Mandelbaum war auf den Abhängen der sonnigen
Berge zu sehen, zwischen denen einst Heidelberg gestanden.
Palästen, Tempeln, Klöstern, Krankenhäusern, den schönsten
Kunstwerken, Denkmälern erlauchter Toten erwies man
keine Achtung. Die weitberühmte Burg des Kurfürsten
ward in einen Haufen von Ruinen verwandelt; das zunächst
liegende Hospital ward geplündert; die Lebensrnittel, Arz-
neien, die Strohsäcke, auf denen die Kranken lagen, wurden
zerstört. Selbst die Steine, aus denen Mannheim erbaut
war, wurden in den Rhein geworfen. Die prachtvolle