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1. Deutsches Lesebuch für Mittel- und Oberklassen der Volksschulen - S. 490

1914 - Nürnberg : Korn
490 Im Jahre 1521 wurde Luther vor den Reichstag zu Worms gefordert. Dort sollte seine Sache untersucht werden. Obgleich Friedrich der Weise ihm sicheres Geleit vom Kaiser erwirkte, so baten ihn doch seine Freunde, nicht nach Worms zu gehen. Er aber sagte: „Und wenn sie ein Feuer machten, das von Worms bis Wittenberg reichte, so wollte ich dennoch mich nicht fürchten." Von seinem geliebten Freunde Melanchthon nahm er mit den Worten Abschied: „Komme ich nicht wieder, und morden sie mich, so beschwöre ich dich, lieber Bruder, laß nicht ab zu lehren und bei der Wahrheit des göttlichen Wortes zu beharren; du kannst es besser als ich, und darum ist's auch nicht viel schade um mich." — Mit Tränen sahen die Wittenberger ihn scheiden und sie sandten ihm die heißesten Segenswünsche nach. — Neben ihm im Wagen saß der kaiserliche Herold, welcher ihn sicher geleiten sollte. Wie nötig das war, ersah man aus deu vielen Veröffentlichungen der päpstlichen Bulle; sie war an allen Ecken in den Straßen der Städte ange- schlagen. Es glich aber die Reise einem Triumphzuge. In Scharen strömte ihm das Volk entgegen, um den kühnen und geliebten Mann noch einmal zu sehen. „Lieber Bruder Martin," hieß es da oft, „gehe nicht hin! Denke an Huß!" Als ihn noch kurz vor Worms einer seiner Freunde zum Umkehren bewegen wollte, da sagte er: „Und wenn so viele Teufel in Worms wären wie Ziegel auf den Dächern, so wollte ich dennoch kommen." Am 16. April fuhr er zur Stadt hinein nach dem deutschen Hose, wo der Kurfürst von Sachsen wohnte. Von allen Seiten strömte das Volk herbei und kaum konnte der Wagen sich langsam durch die Menge dahin bewegen. Gleich am folgenden Morgen ward er vor die Versammlung geladen. Wegen der außerordentlichen Volksmenge, die sogar die Dächer besetzt hatte, um ihn zu sehen, führte man ihn durch Gärten und verborgene Gänge nach dem Bischofshof, wo der Reichstag gehalten wurde. Als Luther eben eintreten wollte, trat ein grauer Kriegsheld, Georg von Frundsberg, an ihn heran, klopfte ihm auf die Schulter und sagte: „Mönchlein, Mönchlein, du gehst jetzt einen Gang, dergleichen ich und mancher Oberster auch in unserer ernstesten Schlachtordnung nicht getan haben. Bist du auf rechter Meinung, so sei getrost, Gott wird dich nicht verlassen!" — Jetzt öffneten sich die Flügeltüren. Festen Schrittes trat Luther in den Saal und stand den Machthabern des deutschen Reiches gegenüber. Da saß der Kaiser Karl V. und sein Bruder, der Erzherzog Ferdinand; da waren 6 Kurfürsten, 24 Herzöge, 8 Markgrafen, 30 Bischöfe und Prälaten und viele andere. Aller Augen richteten sich auf den kühnen Mann, als ihn nun der Kanzler Johann von Eck fragte,
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