1871 -
Zwickau
: Zückler
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 12
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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nämlich 3 Söhne u. 1 Tochter; 2 Töchter waren früher schon gestorben. Don
den Söhnen wurde der dritte, Paul, später Leibarzt der Kurfürsten August u.
Christian. Mit Martin Luther, der 1759 als Rechtsgelehrter in Dresden starb,
erlosch seine männliche Nachkommenschaft.
Durch seine zahlreichen Schriften, durch seine Lehr- u. Predigcrgaben, sowie
durch seinen frommen Wandel hat er viel genützt. Luther brachte bessere Er-
kenntniß über Goti u. die ihm schuldige Verehrung unter alle Stände: er ver-
besserte den öffentlichen Gottesdienst: er sorgte bald für deutsche kirchliche Ge-
sänge *); er verschaffte den Christen die Freiheit, Gott nach eigner Einsicht
zu verehren. Die Fürsten u. Obrigkeiten gewannen an Ansehen u. Einkünften;
aber auch ihnen schärfte er ihre Pflichten freimüthig ein. So lebte u. wirkte
Luther bis an sein Ende. Noch für die späte Nachwelt wird sein Andenken
ein gesegnetes sein. I. K. F. Trommer.
p. Luther'« Tod (den 13. Februar 1546).
Luther war, obwohl schon krank u. schwach, im Januar 1540 nach Eis-
leben gerrisrt, wohin ihn die Grasen von Mansscld pur Schlichtung verschie-
dener Streitigkci ni gerufen hatten. Am 17. Februar blieb er, weil er den
Verhandlungen nicht mehr beiwohnen konnte, in seinem Stüblrin. Bald lag
er ans seinem Ruhebette, bald ging er umher, betete u. sprach von Zeit pt
Zeit einige Worte mit seinen Freunden. Unter Anderem sagte er: „Ich bin
hier pt Eislrben geboren n. getauft; wie wenn ich hier bleiben sollte?" Doch
ging er pun Millagümahle in da« gewöhnliche Speisezimmer, redete viel u.
sagte unter Anderem, wenn er seine lieben Landesherren, die Grafen, vergleichen
könne, wolle er heimgehen u. seinen Leib den Würmern pi essen geben. Vor
dem Abendessen empfand er starke« Drücken aus der Must, ging aber doch, als
dasselbe nachließ, pun Essen hinnnier, weil Alleinsein nicht Fröhlichkeit bringe,
aß u. unterhielt sich fröhlich. Rach dem Essen klagte er wieder. Rach 10 Uhr
ging er schlafen in seine Kammer u. ruhte mit natürlichem Athemhoten. Rin
1 Rhr aber weckte er den 1>r. Jona« u. sagte: „D Herr Gott! Dr. Jona, wie
ist mir so übel! Mich drückt c« so hart ans der Brust! o, ich werde pr Eis-
leben bleiben!" Es kamen .feist seine Freunde, seine Söhne u. der Gras mit
seiner Gemahlin. Jona« me nte, ein Schweiß, der sich eingestellt hatte, werde
ihn erleichtern; aber Luther erwiderte: „Ja, c« isrcin kalter, todter Schweiß;
ich werde meinen Geist ausgeben, denn die Krankheit mehret sich." Auch betete
er sehr inbrünstig u. rief dreimal hinter einander: „Vater, in deine Hände
beseht ich meinen Geist!" Al« er immer kraftloser wurde u. wenig mehr sprach,
fragte ihn Jona« mit erhobener Stimme: „Ehrwürdiger Vater, wollt Ihr auf
Christum u. die Lehre, wie Ihr sie gepredigt, beständig sterben?" Darauf aut-
woriete Luther ein starke« Ja; aber er verstummte dann u. sank in Schlummer.
Er antwortete nicht mehr, als man seinen Rainen ries, holte tief, doch sanft,
Ddcm, u. entschlief mit ineinander gefalteten Händen zwischen 2 u. 3 Rhr
Rächt«, ohne einige Unruhe, Lluälung de« Leibes oder Schmrrpn des Todes,
wie Janas berichtet. Pfizer.
' 15. Philipp Melanehthon (1497 bis 1560).
Unter den vielen treuen u. rtihmenswerthen Gehülfen Luther’a muss
unstreitig Philipp Melanchton obenan genannt werden. Mit seltenen
Geiftesgabon ausgestattet, tief gelehrt, sanft u. mild war er es neben Luther,
welchem wir die Reformation verdanken. Er wurde zu Bretten in Baden
am 16. Febr. 1497 geboren. Sein Vater, Georg Schwarzerd, ein Bürger u.
*) Sein erstes i. I. 1524 erschienenes Gesangbuch enthielt 8 deutsche Lieder,
welche ihn jedoch nicht alle zum Verfasser hatten, u. zu welchen er von dem kur-
fürstlichen Kapellmeister Johann Walther vortreffliche Choralmelodien fertigen ließ.