1872 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 12
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
293
In breiten Kolonnen Mann an Mann,
Im Sturmschritt geht es die Höhen hinan.
Es kracht keine Salve, es fällt kein Schuß,
Bajonett und Kolben sie machen den Schluß,
Die Schlacht rückt vorwärts, es weicht der Feind —
Sie haben's ihm gar zu ernst gemeint,
Die pommerschen Grenadiere.
Und nun mit Hurrah l hinter ihm drein,
Und Werst ihn vollends in Metz hinein I
Kanonen blitzen noch durch die Nacht,
Das grause, das blut'ge Werk ist vollbracht.
Die Schlacht ist gewonnen, verloren Bazaine —
Im Auge des Königs die Thränen steh'n:
Gott lohn euch, ihr tapfern Todten! (Stan5 Jahn.)
86. Die Gefangennahme des Kaisers bei Sedan.
(2. Septbr. 1870.)
Der Kaiser Napoleon hatte Metz schon am 16. August ver-
lassen und sich ins Lager von Chalons begeben, wo Mac Mahon
wieder eine Armee von 150,000 Mann gesammelt hatte. Nachdem
Prinz Friedrich Karl mit einem Theile seiner Armee die Cernirung* **))
von Metz übernommen, und nachdem unter dem Oberbefehl des Kron-
prinzen von Sachsen eine neue, vierte Armee gebildet worden war,
setzte die Hauptmacht der deutschen Heere ihren Vormarsch nach Westen,
auf Paris zu, fort.
Der Kronprinz von Preußen hatte bereits das von Mac Mahon
verlassene Chalons erreicht, als man erfuhr, dieser habe sich nicht nach
Paris zurückgezogen, sondern nach Norden rechts abgeschwenkt, um im
Rücken der vordringenden deutschen Armeen auf Umwegen an der belgi-
schen Grenze vorbei nach Metz zu marschiren und die dort einge-
schlossene Armee Bazaine's zu befreien. Sobald die deutschen Heer-
führer hiervon Kunde erhielten, wurde in einem am 25. August ab-
gehaltenen Kriegsrathe beschlossen, den französischen Marschall aufzu-
suchen und abzufangen, bevor er Metz erreichen könne. Schon am
27. August bekamen unsere kühnen und flinken „Ulanen" „Fühlung
mit dem Feind"; am 29., 30. und 31. August kam es an verschie-
denen Punkten zu ernsten Gefechten, und am 1. September wurde
die Hauptschlacht, die weltberühmte Schlacht bei Sedan"*) geschlagen.
Der Mittelpunkt der Aufstellung des Feindes war die Stadt
Sedan. Von Vr7 Uhr Morgens bis 1 Uhr Nachmittags wurde mit
äußerster Heftigkeit gekämpft und der Feind immer mehr auf Sedan
zurückgedrängt. Wie zwei riesige Arme legten sich die deutschen Armeen
um den französischen Heerkörper, ihn fest und immer fester umschnürend,
bis die Finger der Riesenarme sich berührten. Um 2 Uhr war die
Umzingelung vollendet. Im heftigsten Kampfe drangen jetzt die deut-
*) Eernirung *= Umkreisung, Einschließung einer Festung.
**) Sprich: Sedang.