1872 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 12
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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lebenden im Nil und Ganges. Fische gab es in der Vorwelt von
allen jetzt lebenden Arten, doch hat man auch Haisische aufgefunden,
die von ungeheurer Größe gewesen sein müssen, denn ihre Zähne waren
vier Zoll lang und fünf Zoll breit, der Fisch also wohl siebzig Fuß
lang. Der Überreste von Insekten sind wenig, in desto größerer
Menge aber die der Würmer, und der Muschelkalk besteht aus
lauter Muscheln.
An manchen Orten, wie in Sibirien, hat man solche Thiere der
Vorwelt noch mit Haut und Haaren gefunden, und das Fleisch war
für Hunde und Wölfe noch genießbar. Es muß also die große
Veränderung, wodurch es nach den Polen unserer Erde hin so kalt
wurde, wie es jetzt ist, noch nicht viele Jahrtausende her und plötzlich
geschehen sein, denn nur in einem so kalten Lande wie Sibirien konnte
sich das Frisch solcher Thiere der Vorwelt so unverweset erhalten.
Wie es nun damit zugegangen und wodurch eine solche Verände-
rung entstanden sei, das wissen die Gelehrten selber nicht so recht.
Die heilige Schrift aber und die Sagen vieler Völker in Europa,
Asien und Amerika erzählen uns von einer großen Fluth, von der
Sündfluth (Sintfluth, d. h. großen Fluth), die über den ganzen
Erdboden kam, und seine höchsten Berge bedeckte, und wobei fast alle
auf der Erde lebenden Wesen untergingen. Ein Theil des damaligen
festen Landes scheint, wie es noch jetzt bei einzelnen Inseln geschieht,
im Meere versunken zu sein, und ein Theil des Meeresgrundes ist
dabei zum trockenen Lande geworden.
Zwar führen nicht alle Berge solche Muscheln und Seegewächse
oder Salz bei sich, woraus man schließen könnte, daß sie ehemals
Meeresgrund gewesen wären, aber alle, auch die, bei denen das nicht
der Fall ist, sind offenbar, bis auf die wenigen aus vulkanischem Feuer
erzeugten, aus dem Wasser und im Wasser gebildet.
Die Gebirge, welche keine Muscheln, keine Steinkohlen und keine
Salze enthalten und zugleich die höchsten Berge der Erde bilden,
nennt man Urgebirge. Sie bestehen entweder aus Thonschiefer,
aus welchem unsere Schiefertafeln gemacht werden, oder aus Glimmer-
schiefer, einem Schiefer, der viel glänzende dünne Blättchen bildet,
oder aus Granit. Die Urgebirge haben die meisten Erze: Gold,
Silber, Blei, Zinn, Kupfer und Eisen in sich.
Die Gebirge, welche hauptsächlich aus Kalk, Sandstein und
Gips bestehen und viel Muscheln, Steinkohlen und Salz in sich
führen, nennt man Flötzgebirge. Diese Steinmasfen liegen in großen
Lagen übereinander, die man Schichten nennt, und die dem Gebirge
das Aussehen geben, das etwa eine Mauer hat, in der recht große
Quaderplatten von verschiedener Form eine über die andere gelegt
sind. Solche Lagen nennt der Bergmann Flöhe. Diese Gebirge
enthalten zwar nicht so viele Erze, als die Urgebirge, doch an manchen
Orten einen sehr kupferreichen Schiefer, auch etwas Blei und
Galmei und sehr viel Eisen.