1872 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 12
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Rom 311) sah er am hellen Mittag am Himmel ein glänzendes Kreuz
nebst den Worten: „In diesem wirst du siegen!" und der Herr
Jesus erschien ihm Nachts im Traume, und so befahl er, auf die
Feldzeichen das Kreuz zu setzen. Von da an bekannte sich Con-
stantin öffentlich zum Christenthume, gestattete den Christen freie Reli-
gionsübung, schenkte ihnen viele heidnische Tempel zu Kirchen, Laute
ihnen viele neue Kirchen, z. B. die heilige Grabeskirche zu Jeru-
salem, beförderte nur ste zu den höchsten Staatsämtern, erklärte endlich
das Christenthum zur Staatsreligion und verbot die öffentlichen
Götzenopfer. Alsbald traten unzählige Heiden und Juden über, meist
nur des Vortheils willen. So drang viel heidnisches Wesen in die
Kirche ein, und selbst unter der Geistlichkeit griff Weltsinn und Hab-
sucht um sich. Konstantin selbst hatte auch vom Christenthum nicht
viel mehr als den Namen; er blieb bis an sein Ende (337) argwöhnisch,
grausam, hinterlistig, treulos, und sein Glaube war fast nur Aber-
glaube und Parteisache. Seine Söhne, die nach ihm regierten, hatten,
wo möglich, noch weniger Christi Geist. Konstantin hat sich in Grün-
dung Konstantinopels, an der Stelle des alten Byzanz, das er
zu seiner Residenz machte, ein Denkmal errichtet. Seit Konstantin
sind alle Kaiser, den abtrünnigen Julian ausgenommen, wenigstens
dem Namen nach Christen gewesen, und das Heidenthum sank so schnell
an Ansehen und Macht, daß schon am Ende dieses Jahrhunderts der
Kaiser Theodosius der Große dasselbe bei Todesstrafe ver-
bannte; es flüchtete sich vor der Christenwuth in die entlegenen
Einöden (Heiden) und leider in die — Herzen vieler Christen.
13. Die Völkerwanderung.
(375—568.)
Um das Jahr 375 n. Chr. kam von Morgen her ein wildes Volk,
die Hunnen, Leute mit schwarzem, struppigem Haare, schmutziger Ge-
sichtsfarbe, schiefen Augen, breitschulterig und klein vom Leibe, und so
fürchterlich wild, als sie häßlich von Ansehen waren. Von ihren Pfer-
den waren sie unzertrennlich, sie aßen, tranken und schliefen darauf.
Wurzeln und rohes Fleisch waren ihre Speise. Ihre schmutzigen
Weiber und Kinder führten sie in Karren mit sich. So jagten sie
durch die Welt von Land zu Land, raubten, sengten und mordeten,
und trieben die Völker vor sich her, wie ein Wolf die Heerde. Zuerst
stießen sie auf die Gothen, die sich von der Ostsee bis zur Donau
verbreiteten. Die Gothen stammten aus Skandinavien und theil-
ten sich in die Ost- und Westgothen; sie hatten eine geordnete Ver-
fassung, standen unter berühmten Königen und waren schon frühzeitig
mit dem Christenthum bekannt geworden; ja sie besaßen seit dem 4.
Jahrhundert durch ihren Bischof Ulphilas sogar eine Bibelüber-
setzung, die als das älteste deutsche Schriftwerk in einigen Abschnitten
noch vorhanden ist. Als nun die Hunnen heranströmten, drängten die
Ostgothen die Westgothen über die Donau in das römische
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