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1. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 456

1872 - Essen : Bädeker
456 ihn auch so hochmüthig, daß er von Kaisern und Königen als im Namen Gottes forderte, ihm als ihrem göttlichen Herrn und Haupte den Fuß zu küssen, und, wenn er zu Pferde steigen wollte, den Steig- bügel zu halten. Auch haben wir gesehen, wie er die Fürsten, die ihm nicht unbedingt gehorchten, mit dem Banne, und die Völker, welche ihnen den Eid der Treue halten wollten, mit dem Interdikte strafte, und welche traurige Folgen dies insbesondere für unser Vaterland ae- habt hat. Die Macht des Papstes wuchs gewaltig, seitdem Gregor Vii. allen Priestern zu heirathen verbot und den schon Verheirateten gebot, Weib und Kind zu verstoßen (Cölibat), und seitdem durch den Papst Innocenz Iii. (um 1210) die Orden der Bettelmönche entstanden, die Franziskaner, Dominikaner, Augustiner u. s. w. Die Mönche waren schon seit lange für besonders heilige Personen gehalten worden, und sie haben sich in ihren Klöstern hin und wieder auch große Verdienste um die Wissenschaften, um die Cultur des Geistes und des Bodens, und um die Pflanzung des Christenthums erworben. Für weit heiliger als alle galten die Bettelmönche, weil sie eben bet- telten und was sie erbettelt, zum Theil wieder als Almosen austheilten, wodurch sie des Herrn Wort Luc. 18, 22. zu erfüllen, und damit mehr zu thun wähnten, als Gott in seinen Geboten fordert. So sammelten sie den Schatz überflüssiger guter Werke, woraus den übrigen Christen ein Ersatz für dasjenige, was ihnen an der Voll- kommenheit mangelte, bei gewissem Leistungen zugesagt wurde, — die Grundlage zu dem seelentödtenden, aber für Päpste, Kirchen und Klöster so ungemein einträglichen Ablaß. Die Mönche vermehrten sich über alle Maaßen. Sie waren die getreuesten Diener des Papstes und dessen auf alle Weise ausgezeich- nete Günstlinge. Ungeheure Geschenke flössen den Klöstern zu, indeß das Volk verarmte. Die Ehelosigkeit der Priester und das sorglose, träge Leben der Mönche erzeugten eine Sittenlosigkeit, die ihre Heilig- keit Lügen strafte, und die Bettelei war durch sie zu einer verdienst- lichen Tugeno geworden, die nur zu viele Nachahmer fand. Eine Hauptwaffe des Papstthums war auch die Inquisition, d. h. Ketzergericht. Ketzer pflegte man damals alle diejenigen zu nennen, welche religiöse Ansichten behaupteten, die mit der päpstlichen Lehre im Widerspruch standen. Als solche sind im Mittelalter berühmt geworden die Waldenser.^ Sie sollen Ursprung und Namen haben von einem reichen und frommen Kaufmanne zu Lyon, Peter Wal- dus, der um das Jahr 1180 lebte. Derselbe las die Bibel, und die trostreichen Wahrheiten, die er in dieser fand, erfüllten sein Herz mit dem Verlangen, auch Andere derselben theilhaftig zu machen. Er stiftete einen Verein zur Verkündung des reinen Evangeliums unter dem armen Landvolke, und sandte Boten aus, welche den Leuten die heiligen Schriften vorlasen. Tausende erkannten mit Erstaunen die
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